Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 26.01.2021 zum Aktenzeichen 1 Sa 241 öD/20 entschieden, dass die herausgehobene Position eines Arbeitnehmers im Rahmen der Organisation eines Unternehmens und die sich daraus ergebenden Befugnisse nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses wegen der Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigen können.
Die Eigenart der Arbeitsleistung kann die Befristung eines Arbeitsvertrags nur dann rechtfertigen, wenn die Arbeitsleistung Besonderheiten aufweist, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Parteien, insbesondere des Arbeitgebers ergibt, statt eines unbefristeten nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Das beklagte Klinikum ist gemäß § 82 Abs. 1 des Hochschulgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (HSG) eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Es wird gemäß § 87 Abs. 2 HSG durch den Vorstand vertreten.
Dessen Aufgaben sind in § 87 Abs. 1 HSG und ergänzend in der Hauptsatzung des Klinikums geregelt.
Das Klinikum gliedert sich nach § 82 Abs. 2 HSG in die nicht rechtsfähigen Anstalten Campus K. und Campus L.
Daneben sind nach § 82 Abs. 3 HSG zwei campusübergreifende Zentren gebildet: das Radiologiezentrum und das Diagnostikzentrum.
Die campusübergreifenden Zentren werden durch die Zentrumsleitung geführt.
Dieser gehörten bis zu einer Änderung der Hauptsatzung im Jahr 2019 ein geschäftsführender Direktor mit Antrags- und Stimmrecht, ein weiterer (bei Approbation: ärztlicher) Direktor und ein pflegerischer Direktor beide ohne Stimmrecht an.
Die Rechtsstellung, Aufgaben und Organisation der Zentren wurde im Jahr 2015 durch die Zentrumsordnung vom 01.07.2012 geregelt.
Nach § 3 Abs. 4.1 der Zentrumsordnung übt der geschäftsführende Direktor sein Amt hauptberuflich aus und wird vom Vorstand für fünf Jahre bestellt. Nach § 3 Abs. 5 der Zentrumsordnung ist er unter Einhaltung der Vorgaben des Vorstands und der mit diesem geschlossenen Zielvorgaben für das wirtschaftliche Ergebnis des Zentrums verantwortlich.
Der Kläger war zunächst auf Grundlage eines vom01.07.2013 bis 30.06.2018 befristeten Arbeitsvertrags als geschäftsführender Direktor des campusübergreifenden Diagnostikzentrums und des campusübergreifenden Radiologiezentrums für das beklagte Klinikum tätig.
Mit Änderungsvertrag vom24./29.06.2015 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger nunmehr vom01.07.2015 bis zum 31.12.2019 als geschäftsführender Direktor der beiden campusübergreifenden Zentren tätig sein sollte.
Das beklagte Klinikum entschied sich im Jahr 2019, den Arbeitsvertrag des Klägers nicht zu verlängern.
Das ArbG hat die Entfristungsklage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hat demgegenüber Erfolg.
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist unwirksam.
Ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt nicht vor.
Insbesondere ist die Befristung nicht durch die Eigenart der Arbeitsleistung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.
Nicht jegliche Eigenart der Arbeitsleistung ist geeignet, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
Nach der dem Teilzeit– und Befristungsgesetz zugrundeliegenden Bewertung ist der unbefristete Arbeitsvertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme.
Daher kann die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung eines Arbeitsvertrags nur dann rechtfertigen, wenn die Arbeitsleistung Besonderheiten aufweist, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Parteien, insbesondere des Arbeitgebers ergibt, statt eines unbefristeten nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.
Diese besonderen Umstände müssen das Interesse des Arbeitnehmers an der Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses überwiegen.
Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG erfordert daher eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen ist (BAG, Urteil vom 16.01.2018 – 7 AZR12/16).
Die dem Kläger aus der maßgeblichen Hauptsatzung und Zentrumsordnung zugewiesenen Aufgaben, die eine Berichtspflicht in Verbindung mit der Befugnis des Vorstands, generelle Anordnungen und Einzelanweisungen beinhaltet, ergibt sich, dass der Kläger strikt in die Hierarchie des Klinikums eingebunden ist, wenn auch an herausgehobener Stelle.
Im Gegensatz zum GmbH-Geschäftsführer fehlt ihm die Befugnis zur Vertretung des beklagten Klinikums nach außen, wie sie dem GmbH-Geschäftsführer nach § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz übertragen ist sowie jedenfalls die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal.
Damit ist der Kläger auch kein leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG. Damit weist das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Besonderheiten auf, die dessen Befristung rechtfertigen können.
Die insoweit erforderliche Interessenabwägung geht zugunsten des Klägers am unbefristeten Bestand seines Arbeitsverhältnisses aus.
Herausgehobene Tätigkeiten, wie sie der Kläger wahrnimmt, fallen in jedem größeren Unternehmen an.
Sie sind keine Eigenart der Arbeitsleistung des Klägers oder lassen sich mit Besonderheiten der Branche begründen, in der das beklagte Klinikum tätig ist.
Für die Wirksamkeit einer Befristung sind grundsätzlich die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend.
Spätere Abweichungen können lediglich eine indizielle Bedeutung dafür haben, dass der Sachgrund für die Befristung bei Vertragsschluss in Wahrheit nicht vorlag, sondern lediglich vorgeschoben ist.