Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 14.04.2021 zum Aktenzeichen 4 Ta 148/20 entschieden, dass ein selbständiger Rechtsanwalt, der sämtliche Honorarforderungen gegen Zahlung eines monatlichen Fixums an eine Rechtsanwaltskanzlei für die Nutzung von deren Infrastruktur abtritt, als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen sein kann.
Die Parteien streiten über den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen und in die-sem Zusammenhang darüber, ob der Kläger als arbeitnehmerähnliche Person iSd. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG anzusehen ist.
Der Kläger macht geltend, dass er gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 25 % der Rechtsanwaltsgebühren hat, die durch seine Bearbeitung eigener Mandate entstanden sind und er begehrt im Rahmen eines Stufenantrags Auskunft über den Gegenstandswert, über die in Ansatz gebrachten Gebühren, über die Vorschuss- und Abschlusskostennoten und über die Zahlungseingänge hinsichtlich der von ihm Jahr 2015 bearbeiteten Mandate sowie Zahlung nach Auskunftserteilung. Außerdem begehrt er die Erteilung eines Zeugnisses.
Der Kläger war in der Kanzlei der Beklagten als Rechtsanwalt in Teilzeit (Drei-Tage-Woche) tätig. Der Kläger hat die Rechtsanwaltsgebühren der von ihm selbständig bearbeiteten Mandate vollständig an die Beklagten abgetreten. Im Übrigen sind die vereinbarten finanziellen Bedingungen des Tätigwerdens des Klägers streitig.
Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Kläger bei Entstehung der klageweise geltend gemachten Ansprüche arbeitnehmerähnliche Person iSd. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG war, so dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG für alle Klageanträge eröffnet ist.
Der Kläger war von den Beklagten wirtschaftlich abhängig. Die vom Kläger von der Beklagten bezogene Vergütung stellt die deutlich höhere Einkommensquelle (knapp 70 % des Jahreseinkommens) und damit die entscheidende Existenzgrundlage dar.
Der Kläger war nach der tatsachlichen Durchführung seiner Beschäftigung außer-dem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem als Arbeitnehmer angestellten Rechts-anwalt vergleichbar schutzbedürftig.
Der Kläger war nicht Partner einer Anwaltssozietät, die den berufsrechtlichen Anforderungen des § 59a Abs.1 BRAO entsprochen hat.
Für die einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit spricht, dass der Klä-ger keine eigene Kanzlei hatte, sondern in der Kanzlei der Beklagten unter Verwendung 4 Ta 148/20 der Kanzleiressourcen der Beklagten gearbeitet hat
Ganz wesentlich für die einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit spricht, dass der Kläger nach der tatsächlichen Durchführung der Beschäftigung seine An-sprüche auf Rechtsanwaltsgebühren in voller Höhe an die Beklagten abgetreten und von diesen lediglich einen monatlichen Fixbetrag erhalten hat. Er hat seine eigenen Mandate nicht auf eigene Rechnung betreut. Er war in wirtschaftlicher Hinsicht vielmehr einem gegen Festgehalt als Arbeitnehmer beschäftigten Anwalt vergleichbar.