Mitbestimmung eines Betriebsrats bei Bonuszahlungen einer ausländischen Muttergesellschaft

26. Mai 2021 -

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 23.02.2021 zum Aktenzeichen  6 TaBV 1/21 entschieden, dass wenn es um die Gewährung eines Bonus einer ausländischen Muttergesellschaft, kommt ein Mitbestimmungsrecht eines örtlichen Betriebsrats in Betracht kommt.

Ist dieses gegeben, kann der Betriebsrat nach § 87 Abs. 2 BetrVG eine Regelung über die Einigungsstelle erzwingen.

Das Mitbestimmungsrecht ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Betriebsverfassungsrecht nicht für im Ausland gelegene Betriebe gilt.

Unerheblich ist auch, ob die Entscheidung, über die mitbestimmt werden soll, im Ausland getroffen worden ist.

Die Mitbestimmung ist auch nicht deswegen offensichtlich ausgeschlossen, weil die beteiligten Betriebe offensichtlich keinerlei Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Auswahl des begünstigten Personenkreises und der Höhe der diesen versprochenen Bonus gehabt hätten.

Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Regelung von Bonus-Zahlungen.

Die beteiligten Gesellschaften, die einen gemeinsamen Betrieb in Erlangen führen, sind Töchterunternehmen einer in Singapur ansässigen Muttergesellschaft.

Die Gesellschafterin der Muttergesellschaft legte ein Bonusprogramm(„Exit Bonus“) auf, dass für alle Tochtergesellschaften, auch für die Betriebe in Erlangen, zur Anwendung kam.

Die Positionen, die als elementar für den strategischen Unternehmenserfolg anzusehen waren, wurden von der Gesellschafterin der Muttergesellschaft festgelegt.

Er wählte 61 Positionen aus den verschiedenen Geschäftsbereichen innerhalb des Konzerns aus. Auf den Betrieb der beteiligten Arbeitgeber entfielen im Zug der Auswahl 12 Positionen.

Die Unternehmensleitungen der beteiligten Arbeitgeber hatten weder mit der Identifizierung der ausgewählten Positionen noch mit der Benennung von Beschäftigten zu tun.

Die Auszahlung selbst erfolgte durch die jeweiligen Landesgesellschaften, auch durch die beteiligten Betriebe in Erlangen.

Der beteiligte Betriebsrat, der für den gemeinsamen Betrieb der beteiligten Arbeitgeber gebildet ist, meint hinsichtlich der Bonuszahlungen ein Mitbestimmungsrecht zu haben.

Die Betriebsleitung vertritt die Auffassung, dass mangels Einflussmöglichkeit ihrerseits auf das Programmein Mitbestimmungsrecht des örtlichen Betriebsrats nicht bestehen könne.

Das Begehren nach Einsetzung einer Einigungsstelle lehnte die Betriebsleitung mit der Begründung ab, diese sei offensichtlich unzuständig.

Das ArbG hat entschieden, dass eine Einigungsstelle einzusetzen ist.

Die Beschwerde der beteiligten Arbeitgeber hat keinen Erfolg. Entscheidungsanalyse: Zutreffend ist das ArbG zum Ergebnis gekommen, dass der Vorsitzende der Einigungsstelle zu bestimmen und die Beisitzerzahl auf zwei pro Seite festzusetzen ist.

Da es um die Gewährung eines besonderen Bonus geht, kommt vorliegend ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 oder Nr. 11 BetrVG in Betracht.

Ist dieses wirklich gegeben, kann der Betriebsrat nach § 87 Abs. 2 BetrVG eine Regelung über die Einigungsstelle erzwingen (§ 87 Abs. 2 BetrVG).

Das Mitbestimmungsrecht ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Betriebsverfassungsrecht nicht für im Ausland gelegene Betriebe gilt. Vorliegend geht es um mögliche Beteiligungsrechte des für den Erlanger Betrieb gebildeten örtlichen Betriebsrats.

Unerheblich ist, ob die Entscheidung, über die mitbestimmt werden soll – und die das Mitbestimmungsrecht möglicherweise auslöst -, im Ausland getroffen worden ist.

Die Mitbestimmung ist auch nicht deswegen offensichtlich ausgeschlossen, weil die beteiligten Betriebe offensichtlich keinerlei Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Auswahl des begünstigten Personenkreises und der Höhe der diesen versprochenen Bonus gehabt hätten.

Auch der Umstand, dass die Gesellschafter den Zweck bestimmt und die Gesamtsumme für entsprechende Boni zur Verfügung gestellt haben, steht der Mitbestimmung nicht entgegen – insoweit muss sich die Gesellschaft die Entscheidung ihrer Gesellschafter zurechnen lassen.

Zwar steht fest, dass die Entscheidung über Zweck des Bonus und über die abstrakten Kriterien, die für diesen Zweck maßgeblich sein sollten auf Konzernebene getroffen wurde.

Den beteiligten Arbeitgebern ist daher darin zu folgen, dass die Mitbestimmung aus diesem Grund in erster Linie dem Konzernbetriebsrat zugestanden hätte.

Ob dies in jedem Fall – und vor allem unter Berücksichtigung des Maßstabs der Offensichtlichkeit – auch dann gilt, wenn kein Konzernbetriebsrat gebildet ist, ist aber von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.

Die offensichtliche Unzuständigkeit ergibt sich unter Berücksichtigung dieser möglichen ersatzweisen Zuständigkeit des beteiligten Betriebsrats – ein Gesamtbetriebsrat existiert nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht – auch nicht daraus, dass die Arbeitgeber keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl der begünstigten Personen und die Verteilung des zur Verfügung gestellten Betrags gehabt haben.

Zumindest in dem Rahmen, in dem der CEO der Konzernmuttergesellschaft den begünstigten Personenkreis auswählen und die Verteilung der Mittel auf die betroffenen Arbeitnehmer oder Positionen auswählen konnte, ist nach alldem die fehlende Zuständigkeit der Einigungsstelle gerade nicht offensichtlich.

Das Mitbestimmungsrecht ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Bedingungen für die Zahlung schon eingetreten und die Leistungen schon erbracht sind.

Eine nachträgliche Regelung von Arbeitgeber und Betriebsrat, notfalls mit Hilfe der oder durch Spruch der Einigungsstelle, kann für einzelne Arbeitnehmer erstmals einen Anspruch, für andere einen höheren Anspruch, für wiederum andere Betroffene einen geringeren Anspruch auf derartige Zahlungen festlegen.

Es ist das Versäumnis des Arbeitgebers, nicht rechtzeitig für eine erforderliche Beteiligung des Betriebsrats gesorgt zu haben.

Daher muss er sich mitbestimmungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte er den Arbeitnehmern noch nichts verbindlich zugesagt und erst recht nicht ausgezahlt. Gegebenenfalls muss er – entsprechend der dann erfolgten Einigung mit dem Betriebsrat – noch bestimmte Beträge nachzahlen.