Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 17.05.2021 zum Aktenzeichen 26 Sch 1/21 entschieden, dass weder die Entscheidung über die Kostenquote und die Höhe der zu erstattenden Kosten noch im Raum stehende Erinnerungslücken bei Ablauf von ungefähr einem Jahr zwischen mündlicher Verhandlung und Schiedsspruch der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs entgegenstehen. Das OLG Frankfurt hat daher zahlreiche Verfahrensrügen einer Antragstellerin, die vom Schiedsgericht zur Zahlung von über drei Millionen Euro verurteilt worden war, zurückgewiesen.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 39/2021 vom 26.05.2021 ergibt sich:
Die Parteien wollten gemeinsam ein Joint-Venture-Unternehmen im Bereich der Schraubenherstellung für die Windkraftindustrie gründen. Die Antragstellerin verpflichtete sich u.a. im Juni 2015 zur Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 1,5 Mio. €, welches sie dem Unternehmen vollständig als Darlehen zur Verfügung stellen sollte. Tatsächlich leitete sie es nur in Höhe von knapp 86.000,00 € weiter. Das Unternehmen stellte noch im August 2015 Insolvenzantrag. Zwischen den Parteien besteht eine Schiedsvereinbarung. Die Antragsgegnerin machte vor dem Schiedsgericht Schadensersatzansprüche gegen die Antragstellerin u.a. wegen der unterbliebenen Darlehensauskehrung geltend. Das Schiedsgericht verurteilte die Antragstellerin zur Zahlung von knapp 3 Mio. € und zur Tragung der Kosten des Schiedsverfahrens. Die eigenen Kosten des Schiedsgerichts wurden mit rund 270.000,00 € beziffert. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung dieses Schiedsspruchs; die Antragsgegnerin seine Vollstreckbarerklärung.
Das OLG Frankfurt hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und den Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Die Rügen der Antragstellerin seien unbegründet.
Ohne Erfolg berufe sich die Antragstellerin darauf, dass das Schiedsgericht in unzulässiger Weise über seine eigenen Kosten entschieden habe und damit in eigener Sache tätig geworden sei. Zwar sei der Grundsatz, dass niemand in eigener Sache richten dürfe, „unverzichtbarer Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Gerichtsbarkeit und damit auch im Schiedsverfahren“. „Richterliche Tätigkeit untersteht dem Gebot der Distanz und Neutralität“, betont das OLG weiter. Dennoch dürfe das Schiedsgericht Angaben zu einer Kostenquote und zur Höhe der zu erstattenden Kosten machen. Grenze sei allein die nicht erlaubte Titulierung des eigenen Vergütungsanspruchs. An diesen Rahmen habe sich das Schiedsgericht hier gehalten.
Das Schiedsgericht habe auch nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen, soweit erst ca. ein Jahr nach der mündlichen Verhandlung der Schiedsspruch erlassen wurde. Die im Zivilprozess anwendbare Dreiwochenfrist gelte bereits nicht im Schiedsverfahren. Ein unterstellt verspäteter Erlass eines Schiedsspruchs treffe zudem typischerweise beide Parteien. Selbst wenn festgestellt würde, dass der Schiedsspruch durch mangelndes Erinnerungsvermögen an die mündliche Verhandlung beeinflusst wurde, bleibe in derartigen Fällen stets offen, ob dies nicht auch der Fall gewesen wäre, wenn der Schiedsspruch innerhalb einer gerade noch als angemessen anzusehenden Frist erlassen worden wäre. Folglich liege kein Aufhebungsgrund vor.
Soweit die Antragstellerin Zweifel an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts hege, da dieser mit nicht näher benannten Rechtsanwälten der Antragsgegnerin gemeinsam an fachlichen Seminaren teilgenommen habe, überzeuge auch dies nicht. Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit setzten Umstände voraus, die Ausdruck einer intensiven Verbundenheit seien. Dies sei bei einem Kontakt in einer neutralen Rolle im Rahmen eines Fachseminars nicht der Fall.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; gegen sie kann die Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt werden.