Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 04.07.2018 zum Aktenzeichen 12 U 87/17 entschieden, dass ein Hengst, der im Zeitpunkt seiner Versteigerung auf einer öffentlichen Pferdeauktion zweieinhalb Jahre alt ist, im Sinne des Gesetzes „gebraucht“ ist, mit der Folge, dass die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung finden.
Im konkreten Fall veranstaltete ein Pferdeauktionator im November 2014 eine Pferdeauktion. In den Auktionsbedingungen war vorgesehen, dass die Gewährleistungsansprüche der Käufer nach drei Monaten verjähren. Auf dieser Auktion ersteigerte eine Frau einen damals zweieinhalb Jahre alten Hengst. Wegen angeblicher Mängel des Pferdes trat die Frau im Jahr 2016 vom Kaufvertrag zurück und begehrt nun von dem Pferdeauktionator die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.
Die Frau klagte und erhielt nun das Urteil, dass ihr Rücktritt vom Kaufvertrag – unabhängig davon, ob das Pferd mangelhaft ist oder nicht – unwirksam war.
Die Richter meinen, der Frau stünde kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu, weil der Rücktritt vom Kaufvertrag unwirksam ist. Ihre Gewährleistungsansprüche sind bereits verjährt, denn die vertraglich vereinbarte Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate ist wirksam. Eine derartige Verkürzung wäre dann nicht möglich, wenn die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zur Anwendung kommen. Das ist nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB aber nicht der Fall, weil es sich bei dem Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift handelt und er in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft wurde.
Für die Frage, wann ein Tier als gebraucht anzusehen ist, ist allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung des Tieres abzustellen. Entscheidend ist, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. Das ist hier der Fall. Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich. Außerdem steigt die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres durch unzureichende Stall-/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem deutlich jüngeren Tier nach einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren nicht unerheblich.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Pferdezüchter, Pferdeverkäufer, Pferdeauktionatoren und Pferdekäufer im Pferderecht!