Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat am 04.05.2021 zum Aktenzeichen 1 S 1228/21 entschieden, dass die Beschränkung der theoretischen Fahrschulausbildung auf Online-Angebote voraussichtlich rechtswidrig ist und hat daher einem Eilantrag gegen § 10 der baden-württembergischen Corona-Verordnung stattgegeben.
Aus der Pressemitteilung des VGH BW Nr. 27/2021 vom 07.05.2021 ergibt sich:
§ 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 CoronaVO in der Fassung vom 1. Mai 2021 bestimmt auszugsweise:
„Das Abhalten von Veranstaltungen ist untersagt. Hiervon ausgenommen sind: (…)
8. die Durchführung der praktischen und theoretischen Fahr-, Boots- und Flugschulausbildung und der praktischen und theoretischen Prüfung sowie die Durchführung von Aufbauseminaren nach § 2b Straßenverkehrsgesetz und Fahreignungsseminaren nach § 4a Straßenverkehrsgesetz; die theoretische Fahr-, Boots- und Flugschulausbildung darf ausschließlich im Rahmen eines Online-Angebotes durchgeführt werden, (…).“
Gegen die Vorschrift wandte sich der Inhaber einer Fahrschule aus dem Landkreis Biberach.
Sein Eilantrag hatte vor dem VGH Mannheim Erfolg. Der 1. Senat des VGH setzte § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 Halbs. 2 CoronaVO vorläufig außer Vollzug, soweit die Vorschrift bestimmt, dass die theoretische Fahrschulausbildung ausschließlich im Rahmen eines Online-Angebots durchgeführt werden darf.
Aufgrund des Beschlusses, der für alle Fahrschulen gilt, ist theoretischer Fahrschulunterricht nun auch in Präsenz erlaubt. Zur Begründung führt der 1. Senat in seinem Beschluss aus, dass die Regierungschefinnen und -chefs der Länder im Beschluss vom 3. März 2021 eine Öffnung von Fahr- und Flugschulen mit entsprechenden Hygienekonzepten vorgesehen hätten. Einzige Einschränkung sei die Maßgabe gewesen, dass für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, bei denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden könne, ein tagesaktueller COVID-19-Schnell- oder Selbsttest des Kunden und ein Testkonzept für das Personal Voraussetzung sei. Die bundesweite Abstimmung vom 3. März 2021 sehe dagegen nicht vor, dass der Theorieunterricht in den genannten Schulen als Präsenzveranstaltung selbst bei Einhaltung der genannten Hygienevorgaben weiter bundesweit untersagt werden sollte.
Die weit überwiegende Zahl der anderen Bundesländer habe den Beschluss vom 3. März 2021 mit Regelungen umgesetzt, die einen Theorieunterricht bei Einhaltung von Hygienevorgaben grundsätzlich auch in Präsenzformaten zuließen. Die Landesregierung habe nicht ausreichend dargelegt, aus welchen landesspezifischen Gründen sie von der bundesweiten Abstimmung abgewichen sei und weshalb sie gerade im Fahrschulbereich eine generelle, auch regional nicht differenzierende Regelung geschaffen habe, die Präsenzunterricht ausnahmslos ausschließe.
Zudem sei § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 Halbs. 2 CoronaVO aller Voraussicht nach mit Bundesrecht, nämlich mit § 3 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG) nicht vereinbar. § 3 DV-FahrlG bestimmt, dass in den Fahrschulen und deren Zweigstellen der theoretische Unterricht nur in ortsfesten Gebäuden erteilt werden darf (Satz 1) und dass die Unterrichtsräume nach Größe, Beschaffenheit und Einrichtung einen sachgerechten Ausbildungsbetrieb zulassen und der Anlage 2 der Durchführungsverordnung entsprechen müssen (Satz 2), die unter anderem Mindestvorgaben für die Arbeitsfläche der Fahrschüler und Fahrlehrer sowie zur Ausstattung des Unterrichtsraums normiert. Diesen Vorschriften dürfte die Annahme des Bundesverordnungsgebers zugrunde liegen, dass der Theorieunterricht zur Erlangung einer Fahrerlaubnis nur als Präsenzunterricht in den dafür ausgestatteten und jeweils eigens genehmigten Räumen der Fahrschule zulässig sei. Mit dieser bundesrechtlichen Vorschrift dürfte eine landesverordnungsrechtliche Vorschrift, die den Theorieunterricht nur als Online-Unterricht zulasse, voraussichtlich nicht zu vereinbaren sein.
Der Beschluss ist unanfechtbar.