Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg hat mit Beschluss vom 16.04.2021 zum Aktenzeichen 3 R 94/21 in einem Normenkontrollverfahren einen Eilantrag eines Schülers und einer Schülerin sowie von deren Eltern (Antragsteller) abgelehnt, der sich gegen den im Landkreis Burgenlandkreis (Antragsgegner) im Rahmen eines Modellprojekts angeordneten Ausschluss von Schülerinnen und Schülern, für die keine Zustimmungserklärung zur Teilnahme an Corona-Schnelltests vorliegt, vom Präsenzunterricht in Schulen richtet.
Aus der Pressemitteilung des OVG SA Nr. 6/2021 vom 19.04.2021 ergibt sich:
Nach § 3a der Dritten Verordnung des Burgenlandkreises zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und zur Bekämpfung der Coronavirus-Krankheit COVID-19 vom 29. März 2021 in der Fassung vom 6. April 2021 findet ab dem 8. April 2021 für Schülerinnen und Schüler, für die keine rechtsgültige schriftliche Zustimmungserklärung zur Teilnahme an in der Schule und unter Aufsicht der Schule angebotenen Antigen-Schnelltest auf das Coronavirus SARS-CoV-2 vorliegt, der Unterricht ausschließlich als Distanzunterricht statt. Der Zutritt zum Schulgelände und zum Hortgelände ist diesen Schülerinnen und Schülern untersagt.
Die im vorliegenden Verfahren antragstellende Schülerin und der antragstellende Schüler besuchen die erste bzw. die dritte Klasse einer Grundschule im Hoheitsbereich des Antragsgegners. Sie sowie ihre Eltern machen geltend, die angegriffene Verordnung des Landkreises Burgenlandkreis sehe faktisch eine Testpflicht für Schüler vor. Die damit verbundene Einschränkung des Schulrechts sei nicht zu rechtfertigen. Zudem fehle es an der rechtlichen Grundlage für die angegriffene Verordnungsregelung. Derartige Testungen der Schüler seien zudem nicht notwendig.
Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat hierfür im Wesentlichen ausgeführt: Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweise sich die angegriffene Regelung jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Rechtliche Grundlage für die angegriffene Regelung sei § 13 Abs. 1 der Elften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 25. März 2021, wonach die Landkreise und kreisfreien Städte ermächtigt werden, auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes für ihren Bezirk oder für Teile des Bezirkes weitergehende Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zu erlassen. Die Voraussetzungen hierfür seien im Landkreis Burgenlandkreis erfüllt, weil dort im maßgeblichen Zeitpunkt des Verordnungserlasses die 7-Tage-Inzidenz bei 273 gelegen habe und damit deutlich über dem Schwellenwert von 35, ab dessen Erreichen der Landesverordnungsgeber die Landkreise und kreisfreien Städte ermächtigt habe, weitergehende Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zu erlassen.
Die mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffe seien voraussichtlich auch verhältnismäßig. Die Untersagung des Zutritts von Schülerinnen und Schülern zum Schulgelände, bei denen keine Zustimmung zur Teilnahme an den in der Schule angebotenen Antigen-Schnelltests vorliegt, erscheine nicht als von vornherein ungeeignetes Mittel, um das mit der Maßnahme verfolgte – legitime – Ziel zu erreichen, zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems die Entstehung neuer Infektionsketten bei Fortführung des Präsenzbetriebs in den Schulen und damit verbunden die weitere Verbreitung der COVID-19-Krankheit zu verhindern. Ohne diese Maßnahme wäre das Risiko, dass sich durch den Präsenzunterricht in den Schulen die Ausbreitung des Coronavirus verstärkt, wesentlich höher. Gerade weil ein besonders rascher Anstieg der Infektionen bei Kindern und Jugendlichen beobachtet werde und angesichts einer erhöhten Übertragbarkeit der Virusmutationen wie der in Deutschland hauptsächlich zirkulierenden Variante B.1.1.7 erscheine es jedenfalls zur Vermeidung der Entstehung weiterer Infektionsketten förderlich, wenn die Teilnahme am Präsenzunterricht nur denjenigen gestattet werde, für die eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten zur Durchführung von Antigen-Schnelltests vorliegt. Andere Maßnahmen, die die gleiche Wirkung hätten, seien nicht offensichtlich. Schließlich erweise sich die Maßnahme voraussichtlich als verhältnismäßig im engeren Sinne. Dabei könne offenbleiben, ob mit einer Testung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schüler (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) verbunden sei. Ein solcher Eingriff wäre jedenfalls im Vergleich zu den Gefahren, die für die körperliche Unversehrtheit und das Leben einer Vielzahl anderer Menschen im Fall einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus entstehen, als deutlich geringfügiger anzusehen. Gleiches gelte für die mit der Maßnahme verbundenen Einschränkungen der Schüler in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der Eltern in ihrem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).
Der Beschluss ist unanfechtbar.