Das Bundeskartellamt hat erwirkt, dass die Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH auf bestimmte Klauseln in ihren Vertriebsbedingungen verzichtet, die nach vorläufiger Auffassung des Amtes zu einer Benachteiligung des Online-Handels geführt hätten.
Aus der Pressemitteilung des BKartA vom 12.04.2021 ergibt sich:
Auf Beschwerden aus dem Markt hin hatte das Bundeskartellamt mit einem Verfahren interveniert. Daraufhin hat Liebherr nun eine Reihe von Anforderungen für Händler im Online-Vertrieb, die zu Beginn des Jahres eingeführt worden waren, gelockert.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Markenhersteller wie Liebherr haben die Möglichkeit, Qualitätsanforderungen für den Vertrieb ihrer Waren aufzustellen. Bei Liebherr haben wir nach Beschwerden aus dem Markt allerdings festgestellt, dass im Online-Vertrieb teilweise deutlich strengere Anforderungen als im stationären Handel gelten, um als Händler in den Genuss von Rabatten zu kommen. Händler, die auf beiden Vertriebsschienen aktiv sind und die strengen Online-Vorgaben nicht erfüllen, laufen dabei Gefahr, den Rabatt auch im stationären Bereich einzubüßen. Solche Klauseln können dazu führen, dass die Attraktivität des Online-Verkaufs erheblich leidet oder manche Händler ihn sogar einstellen. Das ist kartellrechtlich nicht akzeptabel. Auf unsere Intervention hin hat Liebherr die in Rede stehenden Kriterien angeglichen und flexibler gestaltet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können somit auch in Zukunft von aktivem Preiswettbewerb zwischen den Händlern profitieren und zwar online und offline.“
Liebherr vertreibt seine Haushaltsgeräte in Deutschland über die Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH. Eine bedeutende Marktposition hat Liebherr insbesondere bei Gefriergeräten und Weinkühlschränken. Die Produkte werden ganz überwiegend in einem sogenannten selektiven Vertriebssystem über autorisierte Händler verkauft. Anfang 2021 hat der Hersteller einen neuen Vertriebsvertrag und im Zuge dessen auch den Liebherr-Performance-Rabatt eingeführt. Auf Beschwerden aus dem Markt hin hat das Bundeskartellamt die Leistungskriterien, die ein Händler für den Erhalt von Rabatten erbringen muss, untersucht: Nach den Ermittlungen galten teilweise deutlich strengere Kriterien für den Online-Vertrieb im Vergleich zum stationären Verkauf. Dazu zählten Anforderungen an den Online-Shop wie die Erreichbarkeit von Personal an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr, die Lieferfrist für bestellte, nicht beim Händler vorrätige Ware sowie das Angebot bestimmter Zahlungsarten. Diese Regelungen benachteiligten nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes neben reinen Online-Händlern insbesondere auch Hybridhändler, die sowohl ein Ladenlokal als auch einen Online-Shop betreiben. Für diese galt, dass für den Erhalt des jeweiligen Rabattsatzes sämtliche Kriterien – sowohl online als auch offline – erfüllt werden mussten.
Im Ergebnis erschienen die Anforderungen geeignet, den preisaktiveren Internetvertrieb wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Dies hätte den markeninternen Wettbewerb zwischen den Händlern von Liebherr-Geräten geschwächt. Liebherr erklärte sich bereit, diese Leistungskriterien an diejenigen für stationäre Verkaufsstellen anzupassen und die Erreichbarkeitszeiten wochenbezogen zu flexibilisieren. Damit waren die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt.
Die Kriterien zur Autorisierung der Händler, die Bestandteil des neuen Vertriebsvertrages sind, hat das Bundeskartellamt kartellrechtlich nicht beanstandet. Weitere Beschwerden über die von Liebherr ab 2021 vorgenommene Reduzierung der Händlerverkaufsstellen in Deutschland um gut fünf Prozent ergaben in der kartellrechtlichen Prüfung ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine diskriminierende oder unverhältnismäßige Art der Händlerauswahl. Zudem verpflichtete sich Liebherr, abgelehnten Händlern die Gründe der Auswahlentscheidung schriftlich mitzuteilen.
Im Rahmen seines Ermessens hat das Bundeskartellamt entschieden, das Verfahren einzustellen. Es wird jedoch selektive Vertriebssysteme bei Markenprodukten und insbesondere die Anforderungen an den Online-Vertrieb weiterhin aufmerksam beobachten. Auch auf europäischer Ebene wird die Frage der kartellrechtlichen Bewertung von Online-Beschränkungen in selektiven Vertriebssystemen derzeit intensiv diskutiert. Dies steht im Zusammenhang mit der Überprüfung des europäischen Rechtsrahmens für solche Formen von Vereinbarungen durch die EU-Kommission.