Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in Potsdam hatam 19.03.2021 zum Aktenzeichen VfGBbg 62/19 entschieden, dass die Amtsgerichte zur Überprüfung der Anordnungen der Staatsanwaltschaft zum Betrieb der Anlagen des automatischen Kraftfahrzeug-Kennzeichenerfassungssystems „KESY“ verpflichtet sind.
Aus der Pressemitteilung des VerfG Brandenburg vom 26.03.2021 ergibt sich:
An der Bundesautobahn 11 (BAB 11) waren im Jahr 2019 zwei Anlagen des automatischen Kraftfahrzeug-Kennzeichenerfassungssystems „KESY“ installiert. Im Fahndungsmodus erfasst KESY das rückwärtige Kennzeichen eines jeden passierenden Kraftfahrzeugs und gleicht es mit den in einer Fahndungsdatei gespeicherten Kennzeichen ab. Ergibt der Abgleich keinen Treffer, werden die Daten aus dem Speicher gelöscht. Im Aufzeichnungsmodus erfasst und speichert KESY unter anderem das rückwärtige Kennzeichen verbunden mit Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung. Die Datenbestände können unter verschiedenen Parametern durchsucht und ausgewertet werden. Die Halter erfasster Kraftfahrzeuge werden regelmäßig nicht informiert.
Der Verfassungsbeschwerdeführer, der vorträgt, regelmäßig die BAB 11 zu befahren und durch einen Zeitungsartikel vom 6. Juni 2019 von der automatischen Kennzeichenerfassung auf der BAB 11 erfahren zu haben, beantragte beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) veranlassten automatischen Kennzeichenerfassungen. Das Amtsgericht lehnte den Antrag als unzulässig ab, weil der Beschwerdeführer weder Zielperson noch Person, deren personenbezogene Daten gemeldet worden seien, noch erheblich mitbetroffene Person oder Betroffener im Sinne der Vorschriften der Strafprozessordnung sei. Für Personen, deren Daten nur zufällig miterfasst würden, gelte weder eine Benachrichtigungspflicht noch sehe der Gesetzgeber ein Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung der Maßnahmen.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) bestätigte dies.
Das VerfG Potsdam hat die Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Es sah den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) verletzt. Danach steht jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Durch die Erfassung und Speicherung der Daten mittels KESY werde in das Grundrecht auf Datenschutz aus Art. 11 Abs. 1 LV auch gegenüber „Dritten“ – wie dem Beschwerdeführer – eingegriffen. Auch ihm gegenüber stelle die Erhebung, der Abgleich und die Speicherung der Daten einen erheblichen Eingriff dar. Er habe daher einen Anspruch auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen. Die Gerichte hätten mit ihrer engen Auslegung der Vorschriften der Strafprozessordnung, wonach der Beschwerdeführer keine Antragsberechtigung zur Überprüfung der Maßnahmen habe, die gebotene wirksame fachgerichtliche Kontrolle der Datenerfassung und -verarbeitung verwehrt.