Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hat am 08.03.2021 zum Aktenzeichen 5 K 883/20.NW entschieden, dass ein Anwohnerehepaar durch den einem Bauträger erteilten Bauvorbescheid für die Neuerrichtung von Mehrfamilienhäusern in Neustadt/Wstr., Ortsbezirk Hambach, nicht in ihren Rechten verletzt wird.
Aus der Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 7/2021 vom 23.03.2021 ergibt sich:
Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. in einem den Beteiligten inzwischen zugestellten Urteil vom 08. März 2021 entschieden.
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einem Gebäudekomplex entlang der Weinstraße in Neustadt/Wstr., Ortsbezirk Hambach. Die Grundstücke östlich der Weinstraße weisen unterschiedliche Bebauungstiefen auf. Der beigeladene Bauträger erwarb in der Vergangenheit mehrere bisher als Weingut genutzte und an die Wohnung der Kläger angrenzende Grundstücke und ließ die Gebäude abreißen. Im Juni 2018 erteilte die beklagte Stadt Neustadt/Wstr. ihm einen positiven Bauvorbescheid zur Errichtung von drei Wohngebäuden mit voraussichtlich 21 Wohneinheiten auf den genannten Grundstücken. Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein, den der Stadtrechtsausschuss im August 2020 mit der Begründung zurückwies, zwar befinde sich das am weitesten von der Weinstraße entfernte „Haus 3“ im Außenbereich und sei damit nicht genehmigungsfähig. Jedoch würden die Kläger dadurch nicht in eigenen Rechten verletzt.
Die Kläger haben im September dagegen mit der Begründung Klage erhoben, sie hätten einen Anspruch darauf, dass Nutzungen der östlich gelegenen Grundstücke, die einer Außenbereichsnutzung zuwiderliefen, unterblieben. Der unverbaubare Blick von ihrer Wohnung in die Rheinebene sei beim Kauf der Wohnung ein deutlich wertbildender Faktor gewesen, welcher mit entsprechenden Mehrkosten gegenüber anderen Wohnungen verbunden gewesen sei. Ihnen seien auch die nach dem Baugesetzbuch vorgesehenen Beteiligungsrechte und Einflussnahmemöglichkeiten genommen worden, welche bestünden hätten, wenn die Änderung der Baulandqualität in einem geordneten Verfahren erfolgt wäre. Sie hätten ferner einen Anspruch auf die Feststellung, dass der angefochtene Bauvorbescheid objektiv rechtswidrig sei. Denn die Beklagte habe ihnen gegenüber im September 2020 und dem beigeladenen Bauträger gegenüber im Oktober 2020 angekündigt, den rechtswidrigen Vorbescheid wieder aufzuheben.
Die 5. Kammer des Gerichts hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:
Zwar sei die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass das geplante „Haus 3“ noch dem unbeplanten Innenbereich angehöre. Dadurch würden die Kläger jedoch nicht in ihren Rechten verletzt. Die von ihnen geltend gemachten Gründe seien nicht geeignet, einen Verstoß gegen das baunachbarrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu begründen. Soweit die Kläger behaupteten, ihnen seien die gesetzlich zugesprochenen Mitwirkungsrechte genommen worden, die bestünden hätten, wenn ein Bebauungsplanaufstellungsverfahren durchgeführt worden wäre, könnten sie daraus keine subjektiven Rechtspositionen für das vorliegende Vorbescheidsverfahren herleiten. Denn verfahrensrechtliche Vorschriften gewährten einem Dritten unabhängig vom materiellen Recht in der Regel keinen selbstständig durchsetzbaren Rechtsschutz.
Die Kläger könnten sich auch nicht darauf berufen, die Errichtung des „Hauses 3“ nehme ihnen die freie Aussicht in die Rheinebene. Aus einem Bescheid, der zur Ausnutzung eines bloß augenblicklichen Lagevorteils am Rande des Außenbereichs Gelegenheit biete, lasse sich kein Schutz vor einer Verschlechterung der freien Aussicht oder vor Einsichtsmöglichkeiten von später genehmigten Gebäuden herleiten.
Soweit die Kläger ferner auf die Wertminderung ihrer Immobilie im Falle der Errichtung des „Hauses 3“ abstellten, sei anzumerken, dass es keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts gebe, dass der Einzelne einen Anspruch darauf habe, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstücks als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bewahrt zu werden. Die verfassungsrechtlich gewährte Eigentumsgarantie schütze grundsätzlich nicht vor Wertverlusten, für die die öffentliche Hand, etwa durch Erteilung einer Baugenehmigung, (mit-)verantwortlich sei.
Der weitere Antrag, festzustellen, dass der Bauvorbescheid objektiv rechtswidrig sei, sei unzulässig. Denn es fehle den Klägern jedenfalls an der erforderlichen Klagebefugnis. Aus dem während des Klageverfahrens gefertigten Schreiben der Beklagten vom 17. September 2020 an die Kläger könnten diese keine für sie schutzwürdige Rechtsposition herleiten. In dem Schreiben habe die Beklagte lediglich zugesagt, die sich aus der Entscheidung des Stadtrechtsausschusses ergebenden Rechtsfolgen eingehend zu prüfen und in keinem Fall vorschnell die Baugenehmigung zum Vorhaben zu erteilen. Daraus folge nach dem objektiven Empfängerhorizont jedoch keine rechtsverbindliche Zusicherung, den Bauvorbescheid aufzuheben.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.