Das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) hat mit Urteil vom 08.03.2021 zum Aktenzeichen 5 K 910/20.NW die Anfechtungsklage von Nachbarn, die sich gegen Baugenehmigungen für die Errichtung und den Betrieb der Gaststätte „Lounge im Weinkontor“ in Edenkoben zur Wehr gesetzt haben, ist ohne Erfolg geblieben.
Aus der Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 8/2021 vom 23.03.2021 ergibt sich:
Die beigeladene Genossenschaft „Deutsche Weintor eG“ ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke am nördlichen Ortseingang von Edenkoben. Die Genossenschaft mit Vinothek, Verkaufsgebäude, Kellerei und Hallen befinden sich im nördlichen Geländeteil. Die aus einem eingeschossigen Rundbau mit einem Gastraum und einer Küche im Innenbereich bestehende Lounge liegt im südlichen Geländeteil. Die Nachbarn (im Folgenden: Kläger) wohnen im näheren Umkreis von Lounge und Genossenschaftsgebäude.
Der Landkreis Südliche Weinstraße (im Folgenden: Beklagter) erteilte im April 2017 der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, der „Weinkontor Edenkoben eG“ eine Baugenehmigung zum Neubau der Lounge mit über 60 Sitzplätzen im Innern und einer Außengastronomiefläche mit 32 Sitzplätzen. Nach Inbetriebnahme der Gaststätte erließ der Beklagte am 05. Februar 2020 eine Änderungsbaugenehmigung für die Erhöhung der Außensitzplatzanzahl von 32 auf 112.
Die Kläger legten gegen beide Baugenehmigungen Widerspruch ein und machten geltend, sie würden durch den Betrieb der Gaststätte unzumutbar in ihren Rechten verletzt. Nachdem die Beigeladene ein neues Schalltechnisches Gutachten eingeholt hatte, fasste der Beklagte die Baugenehmigungen neu und präzisierte den Umfang des genehmigten Gaststättenbetriebs u.a. dahingehend, dass die Außengastronomiefläche werktags in der Zeit von 11:30 Uhr bis 21:30 Uhr und sonn- und feiertags in der Zeit von 11:30 Uhr bis 14:00 Uhr und von 15:00 Uhr bis 21:00 Uhr von maximal 112 Personen genutzt werden dürfe.
Die Kläger stellten dagegen einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, den die Kammer mit Beschluss vom 13. August 2020 – 5 L 637/20.NW – ablehnte (s. dazu die Pressemitteilung Nr. 10/20). Daraufhin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 05. Oktober 2020 zurück.
Die Kläger haben im Oktober 2020 Klage erhoben, die sie damit begründet haben, der von der Gaststätte ausgehende Lärm verletzte sie in ihren Rechten. Ihr Anwesen befinde sich in einem reinen Wohngebiet. Daher sei das im Verfahren eingeholte Schalltechnische Gutachten zu Unrecht von einer Zumutbarkeit der Immissionen ausgegangen.
Die 5. Kammer des Gerichts hat die Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit folgender Begründung abgewiesen:
Die Kläger würden durch den genehmigten Betrieb der Gaststätte „Lounge im Weinkontor“ nicht unzumutbar in ihren Rechten verletzt. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die außerhalb des Bereichs eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücke der Kläger nicht einem (faktischen) reinen oder allgemeinen Wohngebiet zuzuordnen seien. Zu der prägenden Bebauung westlich der Weinstraße in dem betreffenden Bereich zählten entgegen der Ansicht der Kläger auch die drei südlich ihrer Anwesen gelegenen Gewerbebetriebe (Hähnchenrestaurant, Weingut und Bildhauerei). Daher sei von einer sog. Gemengelage und nicht von einem Wohngebiet auszugehen.
In sog. Gemengelagen seien Nutzungskonflikte infolge Lärmimmissionen dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme entsprechend auszugleichen. Dabei könnten situationsbedingte Umstände die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme mindern und zu einer erhöhten Hinnahme von sonst nicht (mehr) zumutbaren Beeinträchtigungen führen. Eigentümer eines Wohngrundstücks könnten lediglich darauf vertrauen, dass sie im Zusammenhang mit einer anders gearteten Nutzung benachbarter Grundstücke nicht mit einer Lärmbelastung rechnen müssten, die über das Maß hinausgehe, das in einem ebenso dem Wohnen dienenden Misch- und Dorfgebiet zulässig sei. In Anwendung der Vorschriften der sog. Technischen Anleitung Lärm (TA Lärm) sei den Klägern ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) tags und 43 dB(A) nachts zumutbar. Dieser Wert werde nach der Berechnung des Gutachters deutlich eingehalten. Das eingeholte Schalltechnische Gutachten weise entgegen der Einwände der Kläger keine durchgreifenden Mängel auf, die geeignet wären, die behördliche Prognose in Zweifel zu ziehen. Die vom Gutachter errechneten Beurteilungspegel lägen, da er eine realitätsferne, aber rechtlich nicht zu beanstandende „Worst-Case“-Betrachtung vorgenommen habe, auf der sicheren Seite. Beanstandungen an den Berechnungen ergäben sich auch nicht in Bezug auf den Parkplatzlärm.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.