NS-Unrecht in juristischer Ausbildung: Deutscher Sozialgerichtstag begrüßt Pläne zur Erweiterung der Studieninhalte

In einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. dessen Pläne begrüßt, eine Regelung über die Auseinandersetzung mit dem NS-Unrecht in der juristischen Ausbildung in das Deutsche Richtergesetz aufzunehmen.

Aus der Pressemitteilung des Deutschen Sozialgerichtstages e.V. vom 08.03.2021 ergibt sich:

„Angehende Juristinnen und Juristen müssen sich der ethischen Grundlagen und Grundwerte unserer Rechtsordnung gewiss sein. Die Auseinandersetzung mit der Perversion des Rechts im Nationalsozialismus ist hierfür unerlässlich,“ erklärte Monika Paulat, Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstags e.V. „Allerdings“, so Monika Paulat weiter, „darf die Beschäftigung mit dem NS-Unrecht nicht nur auf die Pflichtfächer des juristischen Studiums beschränkt bleiben, sondern muss auch in den Schwerpunktbereichen stattfinden.“ Aus diesem Grunde verbindet der Deutsche Sozialgerichtstag e. V. mit der vom BMJV vorgeschlagenen, auf den Pflichtstoff des juristischen Studiums beschränkten Ergänzung des § 5a des Deutschen Richtergesetzes die Hoffnung und Erwartung an die Universitäten, dass entsprechende Inhalte vermehrt auch Eingang in die Ausbildung in den Schwerpunktbereichen, insbesondere auch im Sozial- und Arbeitsrecht, finden.

Zu einem tieferen Verständnis der Instrumentalisierung des „Rechts“ im NS-Staat gehört auch der Blick auf die wirtschaftliche Ausbeutung verschiedener Gruppen NS-Verfolgter mit Hilfe des vom Sozial- und Arbeitsrecht hierfür gesetzten Rahmens. Welche Bedeutung ein bewusster und sensibler Umgang mit der NS-Vergangenheit für die gerichtliche Praxis auch heute noch hat, zeigt sich exemplarisch an der Entwicklung der Rechtsprechung zu den so genannten Ghetto-Renten. Ausführlich dargestellt ist dies zuletzt im Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.05.2019 (B 13 R 37/17 R).

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. hat daher die Hoffnung und Erwartung, dass das von Bundesjustizministerin Christine Lamprecht angekündigte Gesetzgebungsverfahren noch in der laufenden Legislaturperiode nicht nur eingeleitet, sondern auch erfolgreich abgeschlossen wird.

Hintergrund

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.01.2021 angekündigt, die Bundesregierung werde schon in den nächsten Wochen dem Deutschen Bundestag einen Regelungsvorschlag zur Änderung des DRiG vorlegen. Zum Vorschlag des BMJV sind in den letzten Wochen verschiedene Verbände angehört worden. Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. ist ein interdisziplinärer Fachverband, der sich u.a. der einheitlichen Rechtsanwendung auf dem Gebiet des Sozialrechts und der wissenschaftlichen und sozialpolitischen Entwicklung des Sozialrechts widmet. Zu diesem Zweck veranstaltet er alle zwei Jahre einen öffentlichen Kongress, den „Deutschen Sozialgerichtstag“. Zwischen den Sozialgerichtstagen verfolgt der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. sein Ziel durch die Veranstaltung von Workshops und die Begleitung von Gesetzgebungsverfahren. Er wirkt als Sachverständiger bei Anhörungen des Deutschen Bundestags und in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit. Zu diesem Zweck bestehen verschiedene Fachkommissionen.

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. ist keine berufsständische Vertretung, sondern ein Forum für alle, die dem Sozialrecht beruflich verbunden sind. Zu seinen Mitgliedern gehören Richterinnen und Richter, ehrenamtliche Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Rentenberaterinnen und Rentenberater, Verfahrensbevollmächtigte von Verbänden, Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, Medizinische Sachverständige, Angehörige der Rechtswissenschaft und Entscheidungsträger aus der Gesetzgebung. Die Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstag e.V. Monika Paulat war bis Ende 2013 Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg.