Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des BND-Gesetzes zur Umsetzung der Vorgaben des BVerfG sowie des BVerwG vom 25.01.2021 (BT-Drs. 19/26103) Stellung genommen.
Aus der Pressemitteilung des DAV vom 02.03.2021 ergibt sich:
Der Gesetzesentwurf bleibt weit hinter den Anforderungen zurück, die das Bundesverfassungsgericht an die Ausgestaltung eines verfassungsgemäßen BND-Gesetzes stellt. Besonders zu bemängeln sind aus Sicht des DAV unter anderem folgende Punkte:
- Der DAV begrüßt grundsätzlich zwar die vorgeschlagene Schaffung eines Unabhängigen Kontrollrats (§ 40 Abs. 2 BNDG-E). Die avisierte personelle Ausstattung des Unabhängigen Kontrollrats ist jedoch ungenügend. Auch die Zusammensetzung des Kontrollrats ist unzureichend. Der DAV erneuert insoweit auch seine Forderung nach einem Anwalt der Betroffenen.
- Der DAV hält zudem einen Ausbau der parlamentarischen Kontrolle für erforderlich. Hierbei müssen vor allem die faktischen Kontrollmöglichkeiten durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) verbessert werden.
- Der Entwurf sieht keine Kontrolle der im Rahmen der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung verwendeten Suchbegriffe bzw. Selektoren vor, obwohl nach dem Bundesverfassungsgericht auch die „Auswahl der Suchbegriffe“ einer unabhängigen Kontrolle zugänglich gemacht werden muss.
- Die in den §§ 34 ff. BNDG-E geregelten Eingriffsschwellen für die Online-Durchsuchung genügen nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht bereits formuliert hat.
- Nach § 19 Abs. 8 S. 2 BNDG-E sollen bis zu 30 Prozent der weltweiten Telekommunikationsnetze überwacht werden dürfen. § 19 Abs. 8 S. 2 BNDG-E enthält damit nicht die vom BVerfG geforderte Beschränkung des Überwachungsvolumens, sondern faktisch eine Erweiterung. Der DAV fordert deshalb, die Überwachungskapazität in Gleichlauf mit § 10 Abs. 4 S. 2 G 10 auf 20 Prozent zu reduzieren und eine Pflicht zur geographischen Beschränkung der Überwachung einzuführen.
- § 26 Abs. 5 S. 2 BNDG-E schafft die Möglichkeit zur faktisch unbegrenzten Vorratsdatenspeicherung, weil eine Überprüfung der Erforderlichkeit der weiteren Speicherung gem. § 26 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 29 BNDG-E nur alle 7 Jahre vorgesehen ist. Die Unzulässigkeit einer solchen grenzenlosen Vorratsdatenspeicherung ist evident.
- Der vorgelegte Gesetzesentwurf schwächt eine effektive Kontrolle an vielen Stellen bereits systemisch durch fehlende oder mangelhafte Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten. Ohne Kennzeichnungspflicht läuft der Zweckbindungsgrundsatz ins Leere. So kann etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Daten durch den BND übermittelt bekommt, besondere Übermittlungsbeschränkungen nicht beachten, wenn es nicht weiß, wo die personenbezogenen Daten herrühren. Das BfV könnte dann – faktisch ungefiltert – alle Daten nach seinen eigenen Übermittlungsvorschriften an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergeben.
- Die im Entwurf enthaltenen Übermittlungsvorschriften genügen nicht durchgängig den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Unter anderem ist aus Sicht des DAV der Katalog bei Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden zu überarbeiten.
- Die Regelungen des Entwurfs zum Schutz von Vertraulichkeitsbeziehungen sind unzureichend und faktisch wirkungslos, weil sie sich lediglich auf die Maßnahmen der gezielten Datenerhebung i.S.d. § 20 BNDG-E, nicht aber auf Maßnahmen der Massenüberwachung nach § 19 BNDG-E beziehen. Zudem wird der Schutz der Vertraulichkeitsbeziehungen von vornherein ausgehöhlt, weil die Weitergabe von vertraulichen Informationen etwa an Rechtsanwaltskollegen und Anwaltsgehilfen überwacht werden kann. Der DAV fordert daher, sämtliche Kommunikationsbeziehungen der in § 53 StPO genannten Berufsgruppen zu schützen, sofern sie in ihrer beruflichen Funktion tätig werden. Zudem sollte die Frage, wer als Journalist zu bewerten ist, im Gesetz definiert werden.
Weitere Informationen
Stellungnahme des DAV Nr. 23/2021 v. 02.03.2021 (PDF, 453 KB)