Das Oberlandesgericht Rostock hat mit Beschluss vom 29.06.2020 zum Aktenzeichen 3 W 7/19 entschieden, dass nach dem Tod eines Arztes die Aufbewahrungspflicht für die Patientenakten auf den Erben übergeht.
Steht der Erbe nicht fest, ist auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht die Ärztekammer zur Aufbewahrung der Akten berufen, sondern ein Nachlasspfleger zu bestellen.
Für ein Tätigwerden des Nachlassgerichts besteht auch ein Sicherungsbedürfnis für Fürsorgemaßnahmen, da etwaige Erben in die gemäß § 630 f Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 10 BO der Ä. M-V, 57 Abs. 2 BMV – Ä dem Erblasser auferlegte Verwahrungs- und Verwaltungspflicht von Patientenakten eintreten würden. Nach allgemeiner Auffassung gilt nämlich, dass die Aufbewahrungspflicht von Patientenunterlagen nach Tod des (behandelnden) Arztes auf die Erben übergeht. Dies folgt dem Umstand, dass eine Arztpraxis wie ein Handelsgeschäft mit allen Rechten und Pflichten auf die Erben übergeht (§ 1922 BGB), wobei dies selbstverständlich nicht die ärztliche Tätigkeit selbst umfasst. Insoweit gilt nichts anderes als für die Aufbewahrungspflicht von Handakten eines verstorbenen Rechtsanwalts (§ 50 BRAO), in die ebenfalls dessen Erben eintreten.
Als Sicherungsmaßnahme kann das Nachlassgericht dabei zwischen mehreren Maßnahmen wählen, wobei die in § 1960 Abs. 2 BGB erfolgte Aufzählung nicht als abschließend anzusehen ist.
Die Übertragung auf die Ärztekammer gemäß § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V gehört grundsätzlich jedoch nicht hierzu, da diese Vorschrift nach Auffassung des Senats eine andere Intention hat. § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V ist eingeführt worden, um die Interessen des Gemeinwohls unter Beachtung der Patientenrechte zu stärken, indem die Ärztekammer mit in die durch § 630 f BGB dem behandelnden Arzt auferlegte Verwahrungs- und Verwaltungspflicht hinsichtlich seiner Patientenakten eingebunden wird. Eine (alternative) Aufbewahrungspflicht der Patientenakten durch die Ärztekammer gemäß § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V soll jedoch nur im Ausnahmefall zur Anwendung kommen, sofern die Aufbewahrung und die Gestattung der Einsichtnahme nicht durch die niedergelassenen Kammermitglieder oder auf andere Weise „gewährleistet“ ist. § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V enthält damit eine Einschränkung und stellt bereits dem Wortlaut nach keine (einstweilige) Sicherungsmaßnahme für den Erbanfall dar. Vielmehr handelt es sich bei § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V um eine Vorschrift, die grundsätzlich die Pflicht zur Aufbewahrung der Patientenakten regeln soll, wenn der Verpflichtete selbst – zum Beispiel aus Gesundheitsgründen – hierzu nicht mehr in der Lage ist. Nicht anderes kann dabei für dessen Erben gelten, der in die diesbezüglichen Pflichten des Erblassers eintritt, wenn sich herausstellt, dass die Aufbewahrung der Patientenakten und die Gestattung der Einsichtnahme in diese durch ihn nicht gewährleistet ist, wobei nach Auffassung des Senats nicht nur Gesundheitsgründe, sondern auch sittliche / moralische Bedenken, die in der Person des Erben liegen, Zweifel am sachgerechten Umgang mit den Patientenakten aufkommen lassen müssen. Ob Akten mit brisantem, höchstpersönlichen und datenschutzrelevanten Inhalt zum Beispiel einem mehrfach einschlägig vorbestraften Erben überlassen werden sollten, erscheint daher problematisch. Auch in diesen Fällen hat die Ärztekammer gemäß § 4 Ziffer 14 HeilBerG M-V dementsprechend im Interesse des Gemeinwohls und zur Wahrung der Rechte der Patienten einzuschreiten und die diesbezüglichen Aufgaben des eigentlich Verpflichteten zu übernehmen.