Der Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergeldes stehen Arbeitgeberverbände kritisch gegenüber.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 263 vom 01.03.2021 ergibt sich:
Von Gewerkschaftsvertretern und Wissenschaftlern gab es in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, den 1. März 2021, dagegen ein positives Echo auf diese Forderung der Fraktion Die Linke. Gegenstand der Anhörung war nicht nur der entsprechende Antrag (BT-Drs. 19/26526 – PDF, 438 KB) der Linken, sondern auch ein Antrag (BT-Drs. 19/17521 – PDF, 249 KB) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für ein Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld. Auch hier zeigte sich eine deutliche Skepsis auf Arbeitgeberseite bezüglich weiterer staatlicher Eingriffe.
Die Linke betont in ihrem Antrag, eine Nothilfe für Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich als zusätzliches Kriseninstrument sei notwendig und zeitlich anzulehnen an die verlängerte Sonderregelung für das Kurzarbeitergeld. Sie fordert ein Mindest-Kurzarbeitergeld in Höhe von 1.200 Euro. Berechnungsbasis soll der gesetzliche Mindestlohn sein. „Das Mindest-Kurzarbeitergeld ist eine Untergrenze. Es ist eine Ergänzung und keine Alternative zu bestehenden Leistungen und Regelungen“, schreibt die Fraktion.
Die Grünen verlangen in ihrem Antrag unter anderem, Beschäftigte und Betriebe durch ein Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld im Wandel der Arbeitswelt zu unterstützen. Das Kurzarbeitergeld soll eng an die Sozialpartnerschaft gekoppelt sein. Darüber hinaus soll das bisherige Transfer-Kurzarbeitergeld künftig nicht nur ein sondern drei Jahre gezahlt werden, um den Betroffenen die Chance einer zukunftsfähigen Qualifizierung, Umschulung oder Ausbildung zu eröffnen.
Gegenargumente gegen ein Mindest-Kurzarbeitergeld waren in der Anhörung das Risiko von Mitnahmeeffekten und falschen Anreizen, aber auch der Verweis auf das Äquivalenzprinzip in der Arbeitslosenversicherung, das dadurch ausgehebelt würde. So befürchtete Anna Robra von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, insbesondere Teilzeitbeschäftigte würden dadurch mehr Geld erhalten als durch reguläre Arbeit. Dieses Argument teilten auch Marlene Schubert vom Zentralverband des Deutschen Handwerks und Horst Armbrüster von der Bundesagentur für Arbeit, der außerdem betonte: „Die Versichertenleistungen würden nicht mehr im Verhältnis zum Einkommen und den daraus erbrachten Beiträgen stehen.“ Wie Armbrüster betonte auch Schubert: Die Folge wäre eine baldige Forderung nach einem Mindest-Arbeitslosengeld und dann stelle sich die Frage der Finanzierung noch einmal ganz anders.
Enzo Weber, Professor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB), verwies dagegen darauf, dass derzeit vor allem Branchen unter der Krise leiden würden, in denen viele Beschäftigte sehr niedrige Löhne hätten. Mit einer reinen Kopplung der Erhöhung des Kurzarbeitergeldes an die Dauer des Bezugs werde man vielen Menschen nicht gerecht. Natürlich entstünden Ungleichbehandlungen, aber die gebe es in der Arbeitsmarktpolitik immer, die stets zwischen ganz unterschiedlichen Interessen abwägen müsse. Susanne Uhl von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten unterstützte den Linken-Vorschlag und stellt klar, dass sie das Missbrauchspotenzial nicht erkennen könne. „Es geht auch nicht um die pauschale Zahlung von 1.200 Euro, sondern das Mindest-Kurzarbeitergeld soll sich an den ausgefallenen Arbeitsstunden orientieren.“ Von einer Besserstellung könne angesichts der prekären Situation vieler Beschäftigter keine Rede sein, so Uhl.
Zur Grünen-Forderung nach einer Verlängerung des Transfer-Kurzarbeitergeldes von einem auf drei Jahre äußerten sich einige Experten skeptisch. So führte die BA als Gegenargument ins Feld, dass diese keinen Vorteil bringe, weil schon jetzt die Dauer von einem Jahr kaum ausgeschöpft werde. Zum anderen merkten Arbeitgeber-Vertreter an, die Frage von Qualifizierung und Weiterbildung sei eine originär betriebliche Verantwortung und die gesetzlichen Regelungen würden ausreichen. Der Arbeitsrechts-Professor Daniel Ulber mahnte die Politik dagegen zu einem offensiveren Vorgehen im Sinne des Grünen-Antrags. Er verwies auf den grundlegenden Transformationsprozess der Arbeitswelt und dem dadurch entstehenden Handlungsdruck für Betriebe und Beschäftigte. So habe sich zum Beispiel das Transfer-Kurzarbeitergeld durchaus bewährt, weshalb es richtig sei, hier über eine Vereinfachung und auch eine längere Bezugsdauer nachzudenken, sagte Ulber.