Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17.9.2020 zum Aktenzeichen 17 Sa 8/20 entschieden, dass eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers, der im nicht unerheblichen Umfang unberechtigt Daten des Arbeitgebers gelöscht hat, rechtmäßig ist.
Löscht ein Arbeitnehmer im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich vom Arbeitnehmer trennen zu wollen, vom Server des Arbeitgebers Daten in erheblichem Umfang (hier: 7,48 GB), nachdem er sich von einer Mitarbeiterin (Einkäuferin) mit den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“ verabschiedet hatte, rechtfertigt dies die außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Arbeitnehmer nicht bereits einschlägig abgemahnt war. Die Beklagte musste den Arbeitnehmer nicht zuvor abmahnen. Der Arbeitnehmer konnte angesichts der Umstände nicht mit der Billigung des Arbeitgebers rechnen. Soweit der Arbeitnehmer meint, eine Abmahnung habe deshalb erfolgen müssen, weil jedenfalls Datenlöschungen im laufenden Arbeitsverhältnis nicht beanstandet worden seien, ist dem entgegen zu halten, dass Datenlöschungen im laufenden Arbeitsverhältnis etwa dann – anlassbezogen – stattfinden, wenn einzelne Projekte abgeschlossen sind. In einer solchen Konstellation wird ein Arbeitnehmer tatsächlich annehmen können, dass Vorversionen oder nicht finalisierte Dateien nicht mehr benötigt und von ihm gelöscht werden dürfen, wenn finalisierte Versionen des Datenbestands sicher abgelegt wurden. Jedenfalls wird ein Arbeitnehmer annehmen können, dass bei einer Datenlöschung von Vorversionen oder Dateikopien nach Abschluss einer Arbeitsaufgabe und sicherer Speicherung der finalen Versionen der Arbeitgeber nicht mit einer Kündigung reagieren wird. Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich jedoch erheblich davon. Die Geschäftsleitung der Arbeitgeberin hatte mit dem Arbeitnehmer ein Trennungsgespräch geführt. Der Arbeitnehmer verabschiedete sich daraufhin bei der Einkäuferin der Arbeitgeberin mit Handdruck und den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“. Danach erschien der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit, legte später eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und machte auf dem Server in dem ihm als Mitarbeiter zugewiesenen Ordner durch Löschung von 3.352 Datei gleichsam „Tabula rasa“. Deutlicher kann man seinen Abkehrwillen und die Bereitschaft, „verbrannte Erde zu hinterlassen“ kaum zum Ausdruck bringen. Bei einer solchen – projektbezogen – anlasslosen Datenlöschung in beträchtlichem Umfang (7,48 GB an Daten) kann ein Arbeitnehmer nicht mit der Billigung seines Verhaltens durch den Arbeitgeber rechnen. Vielmehr muss ein Arbeitnehmer, der Daten in erheblichem Umfang aus Anlass eines Personalgesprächs, in dem der Arbeitgeber seinen Trennungswunsch geäußert hat, löscht, gerade davon ausgehen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinnehmen werde.
Auch die vorzunehmende Interessenabwägung geht zugunsten der Arbeitgeberin aus.
Zugunsten des Arbeitnehmers konnte im konkreten Fall nur der rund dreijährige Bestand des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden.
Zugunsten der Arbeitgeberin ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtverletzung – die Löschung mehr als 3.300 Dateien (ca. 7,48 GB) – erheblich ist.
Zugunsten der Arbeitgeberin ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtverletzung – die Löschung mehr als 3.300 Dateien (ca. 7,48 GB) – erheblich ist. Zumal der Anlass der Datenlöschung – die Beklagte hatte die Initiative ergriffen, das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers durch Aufhebungsvertrag zu beenden und hat hierzu einen (aus Sicht des Arbeitnehmers nicht akzeptablen) Vorschlag unterbreitet – nichts mit einzelnen Projekten oder Arbeiten des Arbeitnehmers und deren Stadium zu tun hatte. Der Arbeitnehmer hat den von der Arbeitgeberin geäußerten Trennungswunsch schlicht zum Anlass genommen, der Arbeitgeberin zustehende Dateien in beträchtlichen Umfang zu löschen, ohne hierzu befugt zu sein.
Dem Arbeitnehmer ist auch ein erheblicher Verschuldensvorwurf zu machen. Der Arbeitnehmer hat nicht versehentlich über 3.300 Dateien gelöscht, sondern ganz bewusst, dh. vorsätzlich, nachdem die Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags beenden zu wollen. Auch angesichts dieses Verhaltens muss befürchtet werden, dass der Arbeitnehmer in anderen möglichen Konfliktsituationen in ähnlicher Weise reagieren wird.
In Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte war der Arbeitgeberin ein Festhalten am Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten. Das Vertrauen der Arbeitgeberin in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ist unwiederbringlich zerstört, wenn dieser angesichts einer Konfliktsituation im Arbeitsverhältnis mit einer Löschung von Daten in beträchtlichem Umfang reagiert, so dass die Beklagte angesichts des objektiven Erklärungswerts dieses Verhaltens tatsächlich annehmen durfte, der Arbeitnehmer wolle „verbrannte Erde“ interlassen.