Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 16.11.2020 zum Aktenzeichen NotZ (Brfg) 6/20 entschieden, dass ein Notaranwärter keinen Anspruch auf Ernennung zum Notar vor Ablauf der regelmäßigen Wartezeit hat.
Die Ausschreibung einer oder mehrerer Notarstellen rechtfertigt für sich betrachtet noch nicht die Annahme eines -eine Abweichung von der Regelvoraussetzung des § 6 Abs.2 Satz 1 Nr. 2 BNotO rechtfertigenden -zwingenden Bedürfnisses für die Besetzung einer dieser Stellen mit einem -das Erfordernis der örtlichen Wartezeit nicht erfüllenden -konkurrenzlosen Bewerber.
Dem Kläger kann die ausgeschriebene Notarstelle nicht übertragen wer-den, weil er die besondere Bestellungsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO (örtliche Wartezeit) im maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist nicht erfüllt hat und kein Grund vorliegt, von diesem Erfordernis in seinem Fall ausnahmsweise abzusehen. Weder hat der Beklagte die Reichweite des ihm eingeräumten Ermessens verkannt noch -wie der Kläger meint-Ermessen und tatbestandlichen Beurteilungsspielraum miteinander vermischt.
In der Regel soll ein Rechtsanwalt, der -wie der Kläger -persönlich und fachlich geeignet ist und die allgemeine Wartezeit erfüllt, nur zum Notar bestellt werden, wenn er die örtliche Wartezeit erfüllt, mithin seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich tätig war (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO). Da das Gesetz die Einhaltung der Wartezeit nur zur Regel macht, kann in besonders begründeten Fällen bei einem Bewerber von deren Einhaltung abgesehen werden. Die Sollvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO eröffnet der Landesjustizverwaltung aber kein uneingeschränktes Ermessen. Vielmehr sind diesem nach der ständigen Rechtsprechung des Senats enge Grenzen gesetzt. Die Bestellung eines Bewerbers, der die örtliche Wartezeit nicht erfüllt, ist auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. Sie kommt nur in Betracht, wenn angesichts eines ganz außergewöhnlichen Sachverhalts die Abkürzung der Regelzeit aus Gerechtigkeits- oder Bedarfsgründen zwingend erscheint. Darüber hinaus muss den Zwecken der örtlichen Wartezeit, wenn auch auf andere Weise, genügt sein. Voraussetzung dafür ist die Vertrautheit des Bewerbers mit den örtlichen Verhältnissen, die Schaffung der wirtschaftlichen Grundlagen für die Notariatspraxis und der organisatorischen Voraussetzungen für eine Geschäftsstelle. Je kürzer die Dauer der anwaltlichen Tätigkeit in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich ist, umso strikter sind die Ausnahmen zu handhaben.
Der alleinige Bewerber um eine Notarstelle ist nicht automatisch als „Bester“ im Sinne einer Bestenauslese anzusehen.
Ein im Aspekt der Bestenauslese liegendes öffentliches Interesse, von der Einhaltung der Wartezeit ausnahmsweise abzusehen, besteht nach den zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts nicht. Die insoweit maßgeblichen Ergebnisse des zweiten Staatsexamens sowie der notariellen Fachprüfung des Klägers lagen im (allenfalls) durchschnittlichen Bereich. Allein der Umstand, dass es in Ermangelung weiterer Bewerber keinen besserqualifizierten Konkurrenten gibt, führt nicht dazu, dass der Kläger als alleiniger Bewerber hinsichtlich seiner fachlichen Voraussetzungen automatisch als „Bester“ anzusehen gewesen wäre. Auf die „beste Ausstattung“ der Geschäftsstelle wobei der Kläger insbesondere auf den Grad der Digitalisierung seiner Kanzlei und der damit verbundenen Annehmlichkeiten für die Rechtsuchenden und ihre Vorstellungen von einer modernen Organisation und Kommunikation abhebt kommt es hingegen nicht an