Das Oberlandesgericht Hamm hat am 28.01.2021 zum Aktenzeichen 4 RBs 446/20 und 4 RBs 3/21 entschieden, dass das „Ansammlungsverbot“ nach der im April bzw. Mai 2020 geltenden Coronaschutzverordnung eine ausreichende gesetzliche Grundlage hat und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
Aus der Pressemitteilung des OLG Hamm vom 09.02.2021 ergibt sich:
Dies hat der 4. Senat für Bußgeldsachen, der für die Landgerichtsbezirke Detmold, Münster und Paderborn zuständig ist, am 28.01.2021 in zwei Beschlüssen entschieden.
In dem ersten Fall ging der Betroffene zusammen mit zwei andere Personen an einem Abend im April 2020 in Brakel durch die Henzengasse in Richtung Stadtmitte. Einen Abstand von mindestens 1,50 Metern hielten die drei Personen, die in keinem gemeinsamen Haushalt lebten, nicht ein. Der Betroffene wusste, dass es aufgrund der aktuellen Coronaschutzverordnung zu diesem Zeitpunkt unter anderem untersagt war, mit mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit zusammen zu kommen, wenn man nicht in häuslicher Gemeinschaft wohnte.
Das Amtsgericht Brakel (Az.11 OWi 262/20) hat den Betroffenen wegen Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung (§§ 12, 16 Abs. 3 Nr. 2 CoronaSchVO NRW in der Fassung vom 30.03.2020) zu einer Geldbuße von 230 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass eine Zusammenkunft oder Ansammlung im Sinne der Coronaschutzverordnung nicht vorgelegen habe; hierzu sei es nämlich erforderlich, dass mehr als zwei Personen zueinander jeweils weniger als 1,50 Meter Abstand halten würden.
Der in der zweiten Bußgeldsache Betroffene befand sich im Mai 2020 auf dem Parkplatz der Stadtwerke Bad Salzuflen, in der Nähe des Jugendzentrums, an der Uferstraße mit zwei weiteren Personen. Die Gruppe stand neben einem Pkw eng beisammen, ein Abstand von 1,50 Metern wurde nicht eingehalten.
Das Amtsgericht Lemgo (Az. 21 OWi 277/20) hat den Betroffenen deshalb auf der Grundlage von § 12 der Coronaschutzverordnung (in der Fassung vom 27.04.2020) zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt. Gegen diese Entscheidung wendet sich auch dieser Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
Der 4. Senat für Bußgeldsachen hat die beiden amtsgerichtlichen Entscheidungen bestätigt, wobei er allerdings in dem ersten Fall eine Geldbuße von (nur) 200 Euro als schuldangemessen angesehen hat. Das „Ansammlungsverbot“ nach dem im April bzw. Mai 2020 geltenden § 12 der Coronaschutzverordnung finde – so der Senat – eine ausreichende gesetzliche Grundlage in den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (§§ 32, 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020); sowohl die Coronaschutzverordnung als auch das Infektionsschutzgesetz würden nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. In beiden Fällen habe es sich auch um eine „Zusammenkunft oder Ansammlung“ im Sinne des § 12 der Coronaschutzverordnung gehandelt. Hiervon erfasst sei nämlich jedes Zusammenkommen einer Mehrzahl von Personen mit einem inneren Bezug oder einer äußeren Verklammerung. Davon, dass die jeweiligen Personen nur zufällig im öffentlichen Raum zusammengekommen wären, was nicht ausgereicht hätte, könne nicht ausgegangen werden. Ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndender Verstoß gegen das Ansammlungsverbot nach § 12 der Coronaschutzverordnung (in der seinerzeit gültigen Fassung) erfordere nicht, dass ein Mindestabstand von 1,50 Meter tatsächlich unterschritten worden wäre. Nur dann, wenn die einzelnen Personen derart räumlich voneinander getrennt wären, dass bei der Zusammenkunft oder Ansammlung von vornherein eine Unterschreitung eines ein Infektionsrisiko ausschließenden Mindestabstands sicher zu verneinen sei, liege kein Verstoß gegen das Zusammenkunfts- und Ansammlungsverbot vor. Letzteres könne in beiden Fällen nicht angenommen werden.
Nicht anfechtbare Beschlüsse des 4. Senats für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.01.2021 (Az. 4 RBs 446/20 und 4 RBs 3/21, OLG Hamm).