Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat es mit Beschluss vom 29.01.2021 zum Aktenzeichen 2 B 25/21 abgelehnt, die Kontaktbeschränkungen in § 6 Absatz 1 in der aktuellen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie außer Vollzug zu setzen.
Aus der Pressemitteilung des OVG Saarland vom 29.01.2021 ergibt sich:
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der aktuellen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) werden private Zusammenkünfte im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken auf einen Haushalt und eine nicht in diesem Haushalt lebende Person beschränkt. Nach der Begründung zu § 6 Abs. 1 VO-CP kann die eine Person den Haushalt besuchen oder umgekehrt der Haushalt die nicht zu diesem Haushalt gehörende Person. Die Antragstellerin sieht sich durch die angegriffene Regelung gehindert, ihre Enkel gemeinsamen mit ihrem Mann und mit deren Eltern zu treffen oder zu besuchen bzw. Besuch von diesen zu empfangen. Sie ist der Ansicht, dass mit den in der aktuellen Verordnung vorgenommenen Änderungen des § 6 Abs. 1 VO-CP den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 12.01.2021 (2 B 7/21) zu der Vorgängerregelung im Hinblick auf den Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht hinreichend Rechnung getragen worden sei.
Das OVG Saarlouis hat den Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist in dem vorliegenden Eilverfahren nicht abzuschätzen, ob die angegriffene Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 VO-CP einer rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten würde. Die Verschärfung der Kontaktbeschränkung im öffentlichen und privaten Raum auf einen Haushalt und eine weitere Person stelle einen ganz erheblichen Eingriff in den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG dar. Die Sätze 2 und 3 des § 6 Abs. 1 VO-CP enthielten zwar Ausnahmen, soweit zwingende Gründe es erforderten, für die Betreuung Minderjähriger und pflegebedürftiger Personen und ließen die unentgeltliche, nicht geschäftsmäßige Beaufsichtigung von Kindern unter 14 Jahren in Betreuungsgemeinschaften zu. Eine entsprechende Ausnahme für die Kernfamilie oder für Verwandte in gerader Linie, der die tatsächlich bestehenden familiären Strukturen angemessen berücksichtige, fehle jedoch. Der ganz erhebliche Eingriff in den familiären Lebensbereich werde auch nicht wirklich dadurch abgemildert, dass die Regelung die Möglichkeit hergebe, eine größere Anzahl an hausstandsfremden Personen nacheinander zu treffen. Diese Option, wonach beispielsweise ein Hausstand an einem Tag eine Vielzahl beliebiger anderer Personen in zeitlichen Abständen zu sich einladen könne, stelle im Gegenteil sogar die Sinnhaftigkeit der Regelung für einen wirksamen Infektionsschutz in Frage.
Aufgrund der offenen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sei eine Folgenabwägung vom Gericht vorzunehmen. Bei dieser Abwägung hätten die Interessen der Antragstellerin, von der zeitlich befristeten Kontaktbeschränkung verschont zu bleiben, hinter den schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen an einer Eindämmung des Infektionsgeschehens zurückzutreten. Bei einer vorläufigen Außervollzugsetzung der Kontaktbeschränkung würde ein wesentlicher Baustein der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie damit in seiner Wirkung deutlich reduziert, und dies in einem Zeitpunkt eines immer noch dynamischen Infektionsgeschehens. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass eine Übertragung und weitere Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus im Wesentlichen nur durch eine Reduzierung menschlicher Kontakte erfolgen könne. Die daraus zu erwartenden Folgen würden bei der andauernden Infektionslage schwerer wiegen als die mit der Kontaktbeschränkung verbundene Beeinträchtigung des Familienlebens der Antragstellerin. Die Antragstellerin könne nach der derzeit geltenden Regelung jeden ihrer Enkel einzeln zusammen mit ihrem Mann oder ohne diesen sehen. Auch sei es ihr möglich, ihre demselben Haushalt angehörigen Enkel im Beisein von deren Eltern sehen und damit den Kontakt untereinander aufrechterhalten. Des Weiteren sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Geltung der Verordnung zeitlich befristet sei. Je länger die Kontaktbeschränkungen andauerten, desto mehr steige der Rechtfertigungsdruck, d.h. die Anforderungen an die Begründung der Notwendigkeit und Angemessenheit einer solchen Maßnahme, insbesondere soweit der (Kern-)Bereich privater Lebensgestaltung durch eine Beschränkung des Umgangs der (Kern-)Familie miteinander betroffen sei.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.