Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 21.01.2021 zum Aktenzeichen 473 C 11647/20 entschieden, dass die geplante Unterbringung eines Au Pair in der nahegelegenen Wohnung der Gastfamilie eine Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen kann.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 3/2021 vom 22.01.2021 ergibt sich:
Der Kläger ist Vermieter der von ihm 2016 erworbenen Zwei-Zimmer-Mietwohnung von 59 qm in München-Ludwigsvorstadt, die die beklagte Mieterin seit 2002, zuletzt aufgrund Mietvertrages von 2011 für nun 763 Euro monatlich bewohnt. Der Kläger lebt mit der von zuhause aus berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die nur etwa knapp 700m und damit wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Am 13.11.2019 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit Frist zum 31.08.2020 und begründete dies damit, dass er und seine Frau zum 01.09.2020 ein Au Pair einstellen wollten. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au Pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden. Die Beklagte trägt vor, eine Unterbringung des Au Pair in der Wohnung des Klägers müsse möglich sein. Weiter könne das Au Pair in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem ein Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Da sie zudem Hartz-IV-Leistungen beziehe, sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms.
Das AG München hat dem Kläger Recht gegeben und die Beklagte verurteilt, ihre Wohnung zu räumen und unter Gewährung einer Frist bis 31.07.2021 herauszugeben.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Wunsch des Vermieters, ein Au Pair zur Kinderbetreuung in seinen Haushalt aufzunehmen, grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar ist. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au Pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die fußläufig von seinem bewohnten Eigenheim entfernt liege. Der Kläger habe überzeugend dargelegt, nur mit der Hilfe eines Au Pair könne seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen und sei die Kinderbetreuung gleichzeitig sichergestellt. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung bestehe, sondern es genüge, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden müsse, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötige. Die Argumentation des Beklagten, dass aufgrund des jungen Alters der Kinder, gerade des Kleinkindalters, diese kein eigenes Zimmer benötigten, vermag nicht zu überzeugen. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie und unterliege lediglich einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, so dass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraumes werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Dafür seien hier aber keine Anhaltspunkte erkennbar. Würde man zudem verlangen, dass ein Au Pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt wie die Gastfamilie, würde dies zu einer Schlechterstellung von Familien führen, die kinderreich seien aber über kein Haus verfügten, sondern in einer Wohnung lebten. Ihnen wäre die Anstellung und Unterbringung eines Au Pair als Hilfestellung, damit beide Elternteile wieder berufstätig sein können, praktisch verwehrt.
Auf Grund des vorgelegten Attestes stehe fest, dass die Beklagte nicht in durchgehender ärztlicher Behandlung war, da sie sich laut vorgelegten Attest vom 20.10.2020 erstmals am 01.10.2020 ambulant vorgestellt habe. Die Beklagte habe nicht im Ansatz substantiiert dargestellt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Auch die Tatsache, dass sie zu 60% schwerbehindert sei, reiche für sich genommen nicht aus. Ein Sachverständigengutachten war daher nicht einzuholen, da es bereits an hinreichenden Anknüpfungstatsachen fehle.
Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare zur Erlangung einer Ersatzwohnung unternommen zu haben.
Da der Kündigungsgrund nicht von ihr zu verantworten sei, Ersatzwohnraum infolge der Corona-Pandemie und des aktuellen Lockdown derzeit noch erheblich schwerer zu finden sei, andererseits die Kündigungsfrist bereits abgelaufen sei, sei nochmals eine Räumungsfrist bis zum 31.07.2021 angemessen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.