Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluss vom 19.01.2021 zum Aktenzeichen 20 L 2340/19 entschieden, dass die Polizei in Köln die Videoüberwachung des Breslauer Platzes bis zur Entscheidung über die Klage eines Bürgers einstellen muss.
Aus der Pressemitteilung des VG Köln vom 19.01.2021 ergibt sich:
Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit heute den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss entschieden und damit einem Eilantrag stattgegeben.
Anlässlich der Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 überwacht die Polizei mit fest installierten Videokameras seit 2017 Bereiche vor dem Hauptbahnhof und dem Dom sowie die Kölner Ringe. Seit 2019 wurde die Videoüberwachung auf weitere öffentliche Bereiche ausgeweitet (Neumarkt, Ebertplatz, Breslauer Platz, Wiener Platz). Dies wird damit begründet, dass es sich um Kriminalitätsschwerpunkte handele und nur mit der Beobachtung durch die Kameras und die Videoaufzeichnungen Straftaten effektiv verhindert werden könnten.
Hiergegen wandte sich ein Kölner Bürger seit längerem mit mehreren Klagen und Eilanträgen. Zwischenzeitlich zusätzlich gestellte Anträge mit dem Ziel, die Videoüberwachung der Bereiche am Neumarkt, Ebertplatz und Breslauer Platz während des „Corona-Lockdown-Light“ vorübergehend untersagen zu lassen, hatte das VG Köln mit drei Beschlüssen vom 10.12.2020 (20 L 2340/19; 20 L 2343/20; 20 L 2344/20) abgelehnt. Hinsichtlich des Breslauer Platzes hatte der Antragsteller, der sich dort regelmäßig aufhält, mit seinem nunmehr entschiedenen Eilantrag beantragt, der Polizei bis zum Abschluss des Klageverfahrens (Az.: 20 K6706/20) untersagen zu lassen, den Bereich des Breslauer Platzes mittels Videokameras zu beobachten und Bildaufzeichnungen zu fertigen und zu speichern. Dies verletze ihn in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Das VG Köln hat dem Eilantrag stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts liegen die Voraussetzungen des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen für die angegriffene Videoüberwachung am Breslauer Platz und die Speicherung der Aufnahmen nicht vor, weil es sich nicht um einen „Kriminalitätsbrennpunkt“ handele. Die Polizei dürfe einen öffentlich zugänglichen Ort nur dann mittels Bildübertragung beobachten und die übertragenen Bilder aufzeichnen, wenn dort signifikant viele Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität begangen worden und zu erwarten seien. Ein Vergleich der verfügbaren Zahlen zur Straßenkriminalität am Breslauer Platz insbesondere in den Jahren 2019 und 2020 mit der Straßenkriminalität im übrigen Stadtgebiet zeige jedoch, dass im Bereich des Breslauer Platzes nur 0,2% aller derartigen Delikte im Kölner Stadtgebiet begangen worden seien. Entgegen der Ansicht der Polizei sei der Breslauer Platz sowohl geographisch als auch nach seinem Platzcharakter dabei isoliert und nicht etwa als Teil der ebenfalls videoüberwachten Bereiche auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs, der Dom-Platte und um den Dom herum zu betrachten. Es bestünden zudem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung des Breslauers Platzes. Die Straßenkriminalität sei dort seit 2015 um ca. 50% gesunken; außerdem spreche vieles dafür, dass die sich auf dem Breslauer Platz befindende Wache der Bundespolizei eine hinreichend abschreckende Wirkung auf potentielle Straftäterinnen und Straftäter entfalte.
Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das OVG Münster entscheiden würde.
Hinweis der Pressestelle: Hinsichtlich der Videoüberwachung in Köln sind bei dem Gericht weitere Klage- und Eilverfahren betreffend die Bereiche Ebertplatz (Az.: 20 K 6707/20 und 20 L 2343/20), Neumarkt (Az.: 20 K 6708/20 und 20 L 2344/20), Dom/Hauptbahnhof (Az.: 20 K 4855/18), Ringe (Az.: 20 K 6705/20) und Wiener Platz (Az.: 20 K 6709/20) anhängig.