Stellenbesetzung im rheinland-pfälzischen Integrationsministerium gestoppt

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschluss vom 04.01.2021 zum Aktenzeichen 2 B 11368/20.OVG entschieden, dass ein im Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz ausgeschriebener Dienstposten für eine Referatsleitung vorläufig nicht mit der vom Ministerium hierfür ausgewählten Bewerberin besetzt werden darf.

Aus der Pressemitteilung des OVG RP Nr. 1/2021 vom 07.01.2021 ergibt sich:

Um den vom Antragsgegner ausgeschriebenen Dienstposten für eine Referatsleitung hatte sich die Antragstellerin, eine im Ministerium tätige Regierungsrätin (Besoldungsgruppe A 13), zusammen mit mehreren weiteren Bewerbern, darunter eine zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Ministerium oder sonst im Landesdienst tätige Tarifbeschäftigte, beworben. Die Leitungsfunktion des Dienstpostens erlaubt eine Besoldung bzw. Vergütung bis nach A 15 der für Beamte geltenden Landesbesoldungsordnung bzw. der Entgeltgruppe E 15 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV L). Wegen dieser Eingruppierung als sog. förderlicher Dienstposten (Beförderungsdienstposten) entschied sich das Ministerium für ein leistungsgesteuertes Auswahlverfahren.

Aus Anlass ihrer Bewerbung auf die Stelle erhielt die Antragstellerin eine dienstliche Beurteilung, die mit dem Gesamtergebnis „B“ schloss. Nach den Beurteilungsrichtlinien des Ministeriums stellt dies die dritthöchste Bewertungsstufe im achtstufigen Bewertungssystem und eine Leistung dar, die „die Anforderungen übertrifft“. Die konkurrierende, seinerzeit noch externe Tarifbeschäftigte, die bis Ende Februar 2020 in der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in der Entgeltgruppe E 13 TV-L tätig war, erhielt aus Anlass ihrer Bewerbung ein Zwischenzeugnis, in der ihr unter anderem bescheinigt wurde, dass sie ihre Aufgaben „immer mit vorbildlichem Engagement, selbständig und mit großem persönlichen Einsatz“ sowie „stets zur vollsten Zufriedenheit“ erledige. Daraufhin beabsichtigte der Antragsgegner, der Tarifbeschäftigten den Dienstposten zu übertragen.
Nachdem die Beamtin hiergegen einen ersten Eilantrag bei dem VG Mainz gestellt hatte, beurteilte das Personalreferat des Ministeriums in enger Abstimmung mit einem Rechtsanwaltsbüro diese erneut. Gleichzeitig wurde das Zwischenzeugnis der externen Tarifbeschäftigten in das im Bereich des Ministeriums geltende Beurteilungssystem derart übertragen, dass diese im Auswahlverfahren nunmehr mit dem Gesamtergebnis „B+“ („Übertrifft die Anforderungen besonders“) eingestuft wurde. Wegen dieses im Vergleich zur Beamtin nach Auffassung des Ministeriums besseren Gesamturteils fiel die Auswahlentscheidung, die dem Personalrat nicht zur Kenntnis gegeben wurde, zugunsten der Tarifbeschäftigten aus. Nachdem der Beamtin das Auswahlergebnis mitgeteilt worden war, stellte sie erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den sie unter anderem mit der unterlassenen Zustimmung des Personalrats begründete.
Das VG Mainz lehnte ihren Eilantrag ab. Die Auswahlentscheidung habe u.a. auch nicht der Zustimmung der Personalvertretung bedurft. Denn mitbestimmungspflichtig sei nicht die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin, sondern nur die Einstellung der Tarif-beschäftigten.

Die Beschwerde der Beamtin hatte vor dem OVG Koblenz Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Eilantrag stattgegeben und dem Antragsgegner vorläufig untersagt, den ausgeschriebenen Dienstposten mit der beigeladenen Tarifbeschäftigten zu besetzen.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil die bei einer dauerhaften Übertragung der höher bewerteten Tätigkeit erforderliche Mitbestimmung des Personalrats unterblieben ist. Die Annahme der Vorinstanz, die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung zu der Dienstpostenübertragung sei entbehrlich, weil es sich bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Verstoß gegen das Mitbestimmungserfordernis um die Ablehnung ihrer Bewerbung handele, bei der keine Zustimmung des Personalrats erforderlich sei, gehe fehl. Diese Auffassung übersehe bereits, dass die Antragstellerin sich mit ihrem Eilantrag nicht gegen die Ablehnung ihrer Bewerbung gewendet habe, sondern lediglich die (vorläufige) Übertragung des Dienstpostens auf die Beigeladene zu verhindern suche. Zu dieser müsse der Personalrat aber in jedem Fall zustimmen. Der unzweifelhaft gegebene Mitbestimmungstatbestand werde regelmäßig unterlaufen, wenn sich der unterlegene Bewerber auf eine fehlende Zustimmung des Personalrats nicht berufen könnte, weil es sich lediglich um die Ablehnung seiner Bewerbung um einen höher bewerteten Dienstposten handele.

Da die angefochtene Auswahlentscheidung damit wegen dieses erheblichen und offenkundigen Mangels bereits an einem durchgreifenden formellen Fehler leide, bedürfe es bis zur Befassung der Dienstpostenübertragung durch den Personalrat und der gegebenenfalls erforderlichen Durchführung eines Einigungsverfahrens derzeit noch keiner Entscheidung über die darüber hinaus von der Antragstellerin geltend gemachten materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Auswahlentscheidung des Ministeriums. Dies gelte umso mehr, als das Ministerium bei einer Vorlage an den Personalrat den geänderten Sachstand in Bezug auf die Tarifbeschäftigte zu beachten haben dürfte, die ausweislich des im Internet abrufbaren Organigramms des Ministeriums (wohl schon seit März 2020) in der einer Referatsleiterin vergleichbaren Position geführt werde. Insofern stelle sich schon die Frage, ob wegen der danach ersichtlichen Änderung des Aufgabenkreises der Beschäftigten eine Anlassbeurteilung oder zumindest eine Einschätzung der bisher auf diesem Dienstposten gezeigten Leistungen zu erfolgen habe.