Keine Vorläufige Außervollzugsetzung der coronabedingten Beschränkungen für private Zusammenkünfte

23. Dezember 2020 -

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 23.12.2020 zum Aktenzeichen 13 MN 569/20 einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der in § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.12.2020 zu angeordneten Beschränkungen für private Zusammenkünfte und Feiern abgelehnt.

Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 68/2020 vom 23.12.2020 ergibt sich:

§ 6 Abs. 1 Corona-VO regelt, dass private Zusammenkünfte und Feiern, die in der eigenen Wohnung oder anderen eigenen geschlossen Räumlichkeiten, auf eigenen oder privat zur Verfügung gestellten Flächen unter freiem Himmel oder in der Öffentlichkeit stattfinden, nur mit Angehörigen sowie mit Personen, die dem eigenen oder einem weiteren Hausstand angehören, höchstens aber mit insgesamt nicht mehr als fünf Personen zulässig sind. § 6 Abs. 1a Corona-VO enthält eine Sonderregelung für die Zeit vom 24. bis zum 26.12.2020. In diesem Zeitraum sind private Zusammenkünfte und Feiern auch mit den Personen des eigenen Hausstands und bis zu vier weiteren Personen des engsten Familienkreises, jeweils einschließlich der Mitglieder des jeweiligen Hausstandes zulässig. Kinder bis einschließlich 14 Jahren sind nicht einzurechnen. Gegen die Beschränkungen des § 6 Abs. 1 Corona-VO hat sich ein in Lübeck wohnhafter Antragsteller mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt. Er hat geltend gemacht, dass er seinen in Niedersachsen wohnhaften Vater in dessen aus vier Personen bestehenden Haushalt gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner zweijährigen Tochter außerhalb der Zeit vom 24. bis zum 26.12.2020 besuchen wolle. Die angegriffenen Regelungen verletzten ihn in seinen Grundrechten zum Schutze der Familie, der Menschenwürde und der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Das OVG Lüneburg hat den Antrag abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Corona-VO auf eine taugliche Rechtsgrundlage gestützt und formell rechtmäßig. Die in § 6 Abs. 1 Corona-VO angeordneten Kontaktbeschränkungen seien notwendige Schutzmaßnahmen i.S.d. § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetzes. Nach dem zur Risikobewertung berufenen Robert-Koch-Institut bestehe weltweit und in Deutschland eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation mit steigenden Fallzahlen. Private Haushalte bildeten dabei einen Schwerpunkt der Ausbruchsgeschehen. Die angeordneten Kontaktbeschränkungen seien auch notwendig. Sie verfolgten das legitime Ziel, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit Covid-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden. Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollten die Kontakte in der Bevölkerung drastisch reduziert werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken. Angesichts der hohen Infektiosität und der Übertragungswege stehe für den Senat auch außer Zweifel, dass Beschränkungen von Zusammenkünften und Ansammlungen mehrerer Personen geeignet seien, die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern.

Mildere Mittel seien nicht erkennbar. Die konkret verordneten Beschränkungen seien auch angemessen. Zwar griffen sie in den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein. Sie stellten aber einen angemessenen Ausgleich zwischen diesen Grundrechten der Betroffenen und den legitimen Zielen des Verordnungsgebers dar. Die Beschränkung privater Zusammenkünfte und Feiern gäbe nicht vor, wie in einem Hausstand lebende Personen ihren Alltag in den eigenen vier Wänden gestalten dürften. Zudem ermöglichten die Regelungen bei wechselnden Teilnehmerkreisen, dass sich die Adressaten mit jeder gewünschten Person treffen könnten. Die Festsetzung der Höchstzahl auf fünf Personen sei vom Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers umfasst. Der so verstandene Eingriff sei angesichts der Bedeutung der Kontaktbeschränkung als wichtigster Grundbaustein bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen zur Verhinderung der Corona-Pandemie gerechtfertigt.

Dass der Verordnungsgeber in § 6 Abs. 1a Corona-VO eine günstigere Regelung für den Zeitraum vom 24. bis 26.12.2020 getroffen habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die insoweit gegebene Bevorzugung der Weihnachtsfeiertage sei einerseits wegen des grundgesetzlichen Schutzes der staatlich anerkannten Feiertage (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) und des Schutzes des familiären Zusammenlebens (Art. 6 Abs. 1 GG) und andererseits wegen des offensichtlich in weiten Teilen der Gesellschaft bestehenden besonderen Gemeinschaftsbedürfnisses inden Weihnachtstagen sachlich gerechtfertigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.