Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat mit Beschluss vom 16.12.2020 zum Aktenzeichen 8 B 3000/20.N entschieden, dass die Regelung zur Beschränkung des Publikumsverkehrs in Verkaufsstätten des Groß- und Einzelhandels in der Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona Pandemie (Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung – CoKo- BeV) vom 26.11.2020 nicht außer Vollzug gesetzt wird.
Aus der Pressemitteilung des Hess. VGH Nr. 53/2020 vom 17.12.2020 ergibt sich:
Die der EDEKA-Gruppe zugehörige Antragstellerin betreibt zwei Lebensmittelmärkte mit jeweils einer über 800 m² hinausgehenden Verkaufsfläche in Frankfurt am Main. Sie begehrte den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, indem sie sich direkt gegen die nachfolgend genannte, am 01.12.2020 in Kraft getretene Regelung der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung wendete. Die streitige Regelung, die bis zum 10.01.2021 gültig ist, lautet:
„§ 3
Verkaufsstätten und ähnliche Einrichtungen
Der Betrieb von Einrichtungen des Groß- und Einzelhandels, einschließlich der Wochenmärkte und Direktverkäufe vom Hersteller oder Erzeuger und der Geschäfte des Lebensmittelhandwerks, sowie von Poststellen, Banken, Sparkassen, Tankstellen, Wäschereien und ähnlichen Einrichtungen hat unter Beachtung der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Hygiene, der Steuerung des Zutritts und der Vermeidung von Warteschlangen zu erfolgen. Im Publikumsbereich ist sicherzustellen, dass
1. …,
2. … und
3. auf die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche höchstens eine Person je angefangener Verkaufsfläche von 10 Quadratmetern und auf die 800 Quadratmeter übersteigende Verkaufsfläche höchstens eine Person je angefangener 20 Quadratmeter eingelassen wird; für Einkaufszentren ist die jeweilige Gesamtverkaufsfläche maßgebend. …“
Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres Antrags geltend gemacht, die angegriffene Regelung sei mit dem Bestimmtheitsgebot nicht zu vereinbaren. Zudem verstoße sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung, denn ein Zugewinn für den Infektionsschutz sei hierdurch nicht erkennbar. Demgegenüber beeinträchtige die Regelung sie – die Antragstellerin – und ihre Kunden erheblich.
Der VGH Kassel hat den Antrag abgelehnt
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich die angegriffene Regelung aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten. Die angegriffene Norm genüge dem Bestimmtheitsgebot, denn der Hessische Verordnungsgeber habe darin Begriffe verwendet, die er der BauNVO entnommen habe und die dort durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend konkretisiert worden seien.
Der mit der Regelung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei gerechtfertigt. Die Beschränkung führe dazu, dass durch den verringerten Einlass von Kunden die Warteschlangen innerhalb eines Lebensmittelmarktes, insbesondere in den Bereichen mit hohem Kundenaufkommen wie den Frischetheken und den Kassen, deutlich reduziert würden und die erforderlichen Mindestabstände besser eingehalten werden könnten. Das Warten von Kunden vor dem Eingang einer Verkaufsstätte biete den Vorteil einer aus epidemiologischer Sicht erstrebenswerten Versorgung mit Frischluft.
Die streitgegenständliche Vorschrift lasse sich ferner mit dem Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren. Der großflächige Lebensmitteleinzelhandel könne gegenüber kleineren Lebensmittelgeschäften weitergehenden Beschränkungen unterworfen werden, denn er übe aufgrund seines größeren Warensortiments, der gesteigerten Attraktivität seines Angebots und seiner bisweilen vorhandenen Lage in einem Einkaufszentrum eine größere Anziehungskraft auf Kunden aus.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.