G-BA führt neues datengestütztes Management für Patienten mit Herzschwäche in die Versorgung ein

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 17.12.2020 einen Beschluss gefasst, wonach künftig die lückenlose telemedizinische Betreuung von Patienten mit einer fortgeschrittenen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zum ambulanten Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen gehört.

Aus der Pressemitteilung des G-BA vom 17.12.2020 ergibt sich:

Der neue Versorgungsansatz basiert auf einer Kooperation zwischen telemedizinischen Zentren (TMZ) und niedergelassenen Ärzten. Vitalparameter der Patienten werden dabei nicht mehr nur sporadisch, sondern kontinuierlich erfasst. Abweichungen z. B. bei der Herzfunktion können schnell erkannt und die Therapie daraufhin angepasst werden. Während die TMZ für das Datenmanagement inklusive der technischen Ausstattung der Patienten verantwortlich sind, bleibt die direkte Therapieentscheidung grundsätzlich in den Händen der niedergelassenen Ärzte. Nur in Randzeiten z. B. außerhalb der Praxisöffnungszeiten oder in besonderen Fällen, bei denen eine intensive Überwachung der individuellen Symptomatik notwendig erscheint, würde das TMZ die Versorgung absichern. Um die telemedizinische Versorgung von Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz in der ambulanten Versorgung zu etablieren, hat der G-BA die entsprechenden Vorgaben in der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (MVV-RL) angepasst.

„Bei diesem neue Behandlungskonzept greifen verschiedene Bausteine ideal ineinander. Die digitale Technik garantiert, die Behandlung der Patienten – wenn nötig täglich 24/7 – zu überwachen, abzusichern und bei Bedarf sehr schnell anzupassen. Damit das funktioniert, sind regelhafte Abläufe und der Austausch zwischen allen Beteiligten entscheidend. Muss beispielsweise die Versorgung außerhalb der normalen Sprechzeiten angepasst werden, kann das Zentrum eingreifen. Die TMZ-Ärzte mit ihrer internistischen und kardiologischen Expertise würden quasi als Backup die Behandlung übernehmen. Genauso sind die niedergelassenen Ärzte verpflichtet, eine Therapieanpassung ans TMZ zu berichten, damit die Messwerte richtig eingestuft werden. Ich bin zuversichtlich, dass dank der strukturierten, telemedizinischen Betreuung Klinikaufenthalte, Komplikationen oder gar Todesfälle verhindert werden können“, so Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung. „Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang noch einmal zu betonen, der G-BA hat heute über eine moderne telemedizinische Methode entschieden, nicht über einzelne Produkte.“

Telemedizin bringt Vorteile bei fortgeschrittener Herzschwäche

Die ausgewerteten Studiendaten belegen, dass Menschen mit einer fortgeschrittenen Herzschwäche, also im Stadium NYHA II oder III, von der nun beschlossenen Form einer telemedizinischen Betreuung profitieren. In diesem Stadium der Herzschwäche führen schon alltägliche und leichte körperliche Belastungen zu Beschwerden. In Deutschland wird jährlich bei ca. fünfhunderttausend Menschen eine fortgeschrittene Herzschwäche diagnostiziert.

Die strukturierte telemedizinische Versorgung kann in Anspruch genommen werden, wenn der Patient mit Herzinsuffizienz NYHA II oder III und einer verringerten Pumpleistung (Ejektionsfraktion) des Herzens bereits mit einem Herzschrittmacher behandelt wird. Sie kommt außerdem für Menschen mit einer fortgeschrittenen Herzschwäche jedoch ohne Herzschrittmacher in Frage, die wegen einer kardialen Dekompensation, bei der es zu Wasseransammlung in der Lunge und zur Atemnot bereits im Ruhezustand kommt, in den letzten zwölf Monaten im Krankenhaus behandelt wurden.

Regelmäßige Datenanalyse macht schnelle Intervention möglich

Von den Patienten werden täglich Daten an das TMZ übertragen und dort von Computern kontinuierlich analysiert. Es werden je nach Fallkonstellation die technischen und physiologischen Daten des Herzschrittmachers übertragen und ausgewertet, z. B. der Herzrhythmus im Ruhezustand und bei körperlicher Bewegung oder Daten zur Funktionsfähigkeit des Herzschrittmachers. Patienten, die nicht mit einem Herzschrittmacher versorgt wurden, können die notwendigen Daten relativ einfach selbständig mittels externer Geräte ermitteln und z. B. das aktuelle Körpergewicht, den gemessenen Blutdruck sowie eine eigene Einschätzung des Gesundheitszustandes elektronisch an das TMZ übermitteln.

Das TMZ-Personal muss auffällige Befunde registrieren und die niedergelassenen Ärzte zeitnah, spätestens am nächsten auf die Datenübertragung folgenden Werktag, informieren. Sie müssen dann innerhalb von 48 Stunden ihre Kenntnisnahme bestätigen und dem TMZ die veranlassten Behandlungsmaßnahmen mitteilen.

Inkrafttreten der Beschlüsse

Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die strukturierte telemedizinische Betreuung von Patienten mit einer Herzinsuffizienz kann als ambulante Leistung von Ärzten erst dann erbracht und abgerechnet werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung entschieden hat. Das Gremium, in dem Vertreter von Krankenkassen und Ärzteschaft verhandeln, muss innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten eine Abrechnungsziffer festsetzen.

Hintergrund

Der G-BA überprüft gemäß seinem gesetzlichen Auftrag (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V), ob eine neue Methode in der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden darf.

Mit seinem Beschluss vom 07.03.2019 hat er die Beratungen zur Methode „Datengestütztes, zeitnahes Management in Zusammenarbeit mit einem ärztlichen telemedizinischen Zentrum (TMZ) bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz“ aufgenommen und mit dem bereits laufenden Beratungsverfahren zum „Telemonitoring mithilfe von aktiven kardialen implantierbaren Aggregaten zur Behandlung ventrikulärer Tachyarrhythmien und bei Herzinsuffizienz“ verbunden. Grundlage des zusammengefassten Bewertungsverfahrens ist ein Antrag des GKV-Spitzenverbandes. Bei seiner Entscheidung hat der G-BA die Ergebnisse der Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sowie die Erkenntnisse aus dem Einschätzungsverfahren und dem Stellungnahmeverfahren berücksichtigt.