Das Verwaltungsgericht Köln hat am 24.11.2020 zu den Aktenzeichen 7 K 13803/17, 7 K 14642/17 und 7 K 8560/18 entschieden, dass schwerkranke Menschen nach derzeitiger Rechtslage keinen Anspruch auf den Zugang zu einem Betäubungsmittel zur Selbsttötung haben.
Aus der Pressemitteilung des VG Köln vom 09.12.2020 ergibt sich:
Die Kläger sind dauerhaft erheblich erkrankt (Multiple Sklerose, Krebs, schweres psychisches Leiden). Sie beantragten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die nach dem Betäubungsmittelgesetz für den Erwerb von Natriumpentobarbital erforderliche Erlaubnis. Zur Begründung beriefen sie sich auf das aus dem Grundgesetz abzuleitende Grundrecht auf Selbstbestimmung über den eigenen Tod sowie auf eine Entscheidung des BVerwG vom 02.03.2017 – 3 C 19.15. Nach dieser ist der Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung mit dem Betäubungsmittelgesetz ausnahmsweise vereinbar, wenn sich der Suizidwillige wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet. Das BfArM lehnte die Anträge ab. Daraufhin erhoben die Kläger Klage.
Nach einer ersten mündlichen Verhandlung am 19.11.2019 hatte das VG Köln die Verfahren dem BVerfG vorgelegt, weil es die bestehende Rechtslage für verfassungswidrig hielt. Das BVerfG hatte die Vorlagen mit Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvL 2/20 u.a. – als unzulässig verworfen.
Das VG Köln hat die Klagen abgewiesen.
Zwar sieht das Verwaltungsgericht – anders als das BVerwG – aufgrund des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers auch in Ausnahmefällen keine Möglichkeit, eine Erwerbserlaubnis für ein Mittel zur Selbsttötung zu erteilen. Auch sei es zwar weiterhin zweifelhaft, ob dieses im Betäubungsmittelgesetz enthaltene generelle Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Es liege jedoch zumindest derzeit kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Suizidwilliger vor. Nachdem nämlich das BVerfG mit Urteilen vom 26.02.2020 § 217 StGB (Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung) für nichtig erklärt habe (2 BvR 2347/15 u.a.), hätten Sterbehilfeorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Dies ergebe sich aus Auskünften sachkundiger Stellen, die das Gericht eingeholt habe. Sterbehilfeorganisationen ermöglichten einen begleiteten Suizid auch ohne Inanspruchnahme von Natriumpentobarbital. Damit stehe den Klägern eine Alternative zur Verfügung. Die Inanspruchnahme von Sterbehilfeorganisationen sei zwar nach wie vor problematisch, da es an einer staatlichen Überwachung fehle und die Tätigkeit intransparent erfolge. Sie sei aber für eine Übergangszeit zumutbar, bis der Gesetzgeber ein tragfähiges Schutzkonzept für die Sterbehilfe und die Verwendung suizidgeeigneter Betäubungsmittel entwickelt habe. Solche Schutzkonzepte seien als wesentliche Entscheidungen in einem grundrechtsrelevanten Bereich dem Gesetzgeber vorbehalten. Es gebe auch genügend Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bereits an solchen Schutzkonzepten arbeite.
Gegen die Urteile können die Beteiligten jeweils Berufung einlegen, über die das OVG Münster entscheiden würde.
Das Verwaltungsgericht hat auch über zwei weitere vergleichbare Klagen entschieden. Die Urteile in diesen Verfahren werden den nicht anwaltlich vertretenen Klägern derzeit postalisch zugestellt.