Arzt erhält fast 1,1 Millionen Euro Schadensersatz

06. Dezember 2020 -

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 28.10.2020 zum Aktenzeichen 11 U 149/19 entschieden, dass ein Arzt vom Land Niedersachsen fast 1,1 Millionen Euro Schadensersatz erhält, der in einem Strafverfahren freigesprochen wurde, aber wegen des Strafverfahrens einen hoch dotierten Job nicht erhielt

Gemäß § 2 Abs. 1 StrEG wird aus der Staatskasse entschädigt, wer durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat, soweit er freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird oder soweit das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt.

Zu den gem. § 2 Abs. 1 StrEG zu entschädigenden Aufwendungen gehören nicht nur die Kosten für ein durch den Entschädigungsberechtigten selbst vereinbartes Darlehen zur Kautionsfinanzierung, sondern auch die Kosten, die aus der Übernahme der Erfüllung einer Verbindlichkeit aus einem zur Kautionsaufbringung geschlossenen Darlehensvertrag zwischen dem Darlehensgeber und einem Dritten durch den Entschädigungsberechtigten resultieren.

Wenn dem Entschädigungsberechtigten Barmittel zur Stellung der Kaution fehlen und er aufgrund seiner Inhaftierung auch kein Darlehen von einer Bank oder einem Kreditinstitut erhalten würde, stellt die Beauftragung eines Dritten mit der Aufnahme eines Darlehens bei gleichzeitiger Erfüllungsübernahme eine erforderliche Maßnahme zur Außervollzugsetzung der Untersuchungshaft dar.

Für die Annahme eines Erwerbsschadens kommt es nicht darauf an, ob der Entschädigungsberechtigte bereits einen Rechtsanspruch auf den Erwerb hatte; vielmehr genügt eine tatsächliche Erwerbsaussicht, so dass dahinstehen kann, ob nach dem jeweils geltenden Statut bereits ein wirksamer Vertrag oder Vorvertrag geschlossen worden ist.

Eine tatsächliche Erwerbsaussicht ist bereits dann anzunehmen, wenn der Entschädigungsberechtigte aufgrund der getroffenen Abreden davon ausgehen durfte, ab einem bestimmten Zeitpunkt über eine Festanstellung zu verfügen.

Bei der Berechnung des Erwerbsausfallschadens sind im Wege der Vorteilsausgleichung die auf Grund der Untersuchungshaft ersparten Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Abzug zu bringen.