Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschluss vom 30.11.2020 zum Aktenzeichen 6 B 11424/20.OVG entschieden, dass die von der Stadt Trier angeordnete Maskenpflicht in der Trierer Innenstadt rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Aus der Pressemitteilung des OVG RP Nr. 31/2020 vom 30.11.2020 ergibt sich:
Die Stadt Trier ordnete am 30.10.2020 mit einer Allgemeinverfügung die Verpflichtung an, in der Fußgängerzone und einigen angrenzenden Bereichen der Innenstadt von Trier eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Hiergegen erhob die Antragstellerin, eine Rechtsanwältin aus Trier, Widerspruch und suchte beim VG Trier um einstweiligen Rechtsschutz nach.
Das Verwaltungsgericht hatte dem Eilantrag stattgegeben.
Das OVG Koblenz hat auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Stadt Trier den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufgehoben und den Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die angegriffene Anordnung einer Maskenpflicht in der Trierer Innenstadt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht unverhältnismäßig und auch ansonsten rechtlich nicht zu beanstanden. Bei der angeordneten Maskenpflicht handele es sich um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des mit Wirkung vom 19.11.2020 neu in Kraft getretenen § 28a des Infektionsschutzgesetzes. Nach diesem Gesetz sei die zuständige Behörde bei der Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – wie in der Stadt Trier seit Ende Oktober – dazu verpflichtet, umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Diese Erwartung werde bereits erfüllt, wenn eine Schutzmaßnahme bei isolierter Betrachtung oder in der Gesamtschau mit anderen Schutzmaßnahmen einen nennenswerten Beitrag zu einer effektiven Eindämmung der Corona-Pandemie leisten könne. Hiervon sei bei den im Infektionsschutzgesetz aufgeführten Regelbeispielen etwaiger Schutzmaßnahmen, wozu auch die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) zähle, grundsätzlich auszugehen. Auch die hier angeordnete Maskenpflicht leiste im Stadtgebiet von Trier einen nennenswerten Beitrag zu einer effektiven Eindämmung der Corona-Pandemie. Sie verringere die Häufigkeit der Situationen, in denen zwei oder mehrere Personen einen Abstand von 1,5 Metern ohne Mund-Nasen-Bedeckungen unterschritten und daher ein erhöhtes Risiko einer Übertragung des SARS-CoV-2-Virus bestehe.
Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts bestehe ein erhöhtes Übertragungsrisiko auch im Freien, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Mund-Nasen-Bedeckungen unterschritten werde. Erfahrungsgemäß könne es insbesondere in zentralen Ortslagen mit Geschäften und anderen Einrichtungen mit Publikumsverkehr auch im Freien zu Begegnungen kommen, bei denen die Menschen nicht immer den zum Infektionsschutz erforderlichen Mindestabstand einhalten könnten. Dies gelte auch für die mit der Allgemeinverfügung der Stadt Trier erfasste Fußgängerzone sowie die angrenzenden Bereiche der Trierer Innenstadt, in die sich entsprechende Besucherströme hineinziehen könnten. Insoweit sei jedenfalls zeitweise von einem verstärkten Fußgängerverkehr auszugehen, bei dem bei stärkerem Andrang nicht immer der erforderliche Abstand eingehalten werden könne. Doch selbst bei weniger starkem Andrang und einer geringeren Frequentierung müsse immer damit gerechnet werden, dass einzelne Personen, obwohl ausreichend Platz vorhanden sei, unnötig dicht an anderen Menschen vorbeigingen oder stehenblieben, etwa an Straßenüberquerungen oder Schaufenstern oder beim Verlassen bzw. Passieren eines Gebäudes, wogegen sich der Einzelne auch mit Umsicht kaum vollständig schützen könne. Dies gelte insbesondere während der üblichen Geschäftszeiten. Dass die oben beschriebenen Risikobegegnungen im Freien an Orten mit Publikumsverkehr eintreten könnten, entspreche bereits der allgemeinen Lebenserfahrung und bedürfe daher entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keiner weiteren Darlegungen durch die Stadt Trier.
Die angeordnete Maskenpflicht sei auch im Übrigen zur Erreichung des damit verbundenen Zwecks nicht unverhältnismäßig. Der Einwand der Antragstellerin, die Allgemeinverfügung der Stadt differenziere nicht im Hinblick auf die Abend- und Nachtzeit, greife nicht durch. Die Geschäftszeiten in der Trierer Innenstadt erstreckten sich üblicherweise auch auf die Abendstunden. Insoweit verbleibe es bei der obigen Risikoeinschätzung. In Bezug auf die Nachtzeit habe die Stadt vorgetragen, auch insoweit könne es zu größeren Personenansammlungen, insbesondere von jungen, feierlustigen Menschen kommen. Ob sich das Absehen von einer zeitlich differenzierten Ausgestaltung der Maskenpflicht damit begründen lasse, könne hier offenbleiben. Denn in Bezug auf die Nachtzeit fehle der Antragstellerin bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da sie außerhalb des Geltungsbereichs der angegriffenen Maskenpflicht wohne und diesen nach eigenen Angaben lediglich tagsüber auf ihrem Arbeitsweg durchquere. Die Maskenpflicht greife auch nicht unverhältnismäßig in ihr Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ein. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei nicht geeignet, den Pflichtigen von der Ausübung grundrechtlicher Freiheiten entscheidend abzuhalten. Die Verpflichtung könne im Wesentlichen als lästig und wenig angenehm betrachtet werden, führe aber nicht zu ins Gewicht fallenden Einschränkungen der Fortbewegungs- und Entfaltungsfreiheit. Auf der anderen Seite leiste sie einen Beitrag zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit Aller sowie der Funktionsweise staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen.