Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 01.12.2020 zum Aktenzeichen VerfGH 10/19 auf die Kommunalverfassungsbeschwerde der Stadt Tönisvorst gegen den Regionalplan Düsseldorf entschieden, dass die Festlegung eines Vorranggebietes für die Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Stadt Tönisvorst verfassungsgemäß ist.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH NRW vom 01.12.2020 ergibt sich:
Mit der Festlegung von Vorranggebieten – hier für die Nutzung der Windenergie – bestimmt der Regionalplan, dass die Errichtung von Windenergieanlagen Vorrang vor anderen möglichen Raumnutzungen (etwa Wohnnutzungen, sonstige gewerbliche Nutzungen, aber auch Erholungszwecke) hat. Solche Nutzungen sind in diesem Gebiet ausgeschlossen, soweit sie mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind. Diese Vorgaben sind sog. Ziele der Raumordnung und als solche für die Gemeinden verbindlich. Die Beschwerdeführerin hatte mit ihrer Kommunalverfassungsbeschwerde geltend gemacht, diese Zielfestlegung verletze die Vorschriften der Landesverfassung über das Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung. Die Ausweisung eines Windvorranggebietes auf ihrem Gemeindegebiet stelle einen schwerwiegenden und ungerechtfertigten Eingriff in ihre Planungshoheit dar. Sie habe zur Folge, dass ihr eigene Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für die Entwicklung des Gemeindegebietes insbesondere im Hinblick auf die Nutzung von Windenergie genommen würden. Das Vorranggebiet mache ihr mit ihrem Flächennutzungsplan verfolgtes Ausschlusskonzept für den gesamten Außenbereich zunichte und beeinträchtige zudem ihre städtebaulichen, auf die Naherholung zielenden Vorstellungen für das unmittelbar angrenzende Waldgebiet.
Der VerfGH Münster hat die Kommunalverfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann zwar eine Zielfestsetzung in einem Regionalplan einen ungerechtfertigten Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellen. Hier fehle es aber schon an der für einen Eingriff notwendigen nachhaltigen Störung einer konkreten örtlichen Planung oder an einem Zugriff auf wesentliche Teile des Gemeindegebietes. Für das Vorranggebiet selbst stelle der Flächennutzungsplan der Beschwerdeführerin – wie für etwa 2/3 des Stadtgebietes – nur eine Fläche für die Landwirtschaft dar. Eine solche Ausweisung, die lediglich die ohnehin außenbereichstypische landwirtschaftliche Nutzung wiederhole, stelle regelmäßig keine hinreichend konkrete Planung dar. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Das angrenzende Waldgebiet bleibe unangetastet und sein Erholungswert werde jedenfalls nicht nachhaltig gestört. Auf ihr mit dem Flächennutzungsplan verfolgtes Ausschlusskonzept, das drei Konzentrationszonen für Windenergieanlagen mit insgesamt etwa 15 ha an einer anderen, weit entfernt liegenden Stelle vorsehe und im Übrigen die Errichtung solcher Anlagen im Stadtgebiet ausschließen solle, könne die Stadt sich schon nicht berufen. Diese Planung erfülle die in der Rechtsprechung des BVerwG gestellten Anforderungen offensichtlich nicht. Jedenfalls werde sie aber durch die zusätzliche Öffnung von 13 ha für die Nutzung der Windenergie nicht nachhaltig gestört. Diese Fläche mache nur knapp 0,3% des Stadtgebietes aus und falle deshalb kaum ins Gewicht.
Selbst wenn man jedoch einen Eingriff in die Planungshoheit der Beschwerdeführerin annähme, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Das überörtliche Interesse, den aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes bereits im Landesplanungsgesetz verankerten Ausbau erneuerbarer Energien räumlich zu sichern, rechtfertige die angegriffene regionalplanerische Festlegung auch in ihren Auswirkungen auf die kommunale Planungshoheit. Sie beruhe auf einem schlüssigen Gesamtkonzept des Regionalrats und belaste die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht übermäßig. Das Stadtgebiet werde nur etwa halb so stark in Anspruch genommen, wie es im Planungsraum durchschnittlich der Fall sei. Der Regionalplaner habe die Interessen der Beschwerdeführerin auch gesehen und hinreichend gewürdigt. Dass er ihren Vorstellungen nicht gefolgt sei, begründe deshalb in einer Gesamtbetrachtung keinen Abwägungsfehler des Regionalplans.