Das Verwaltungsgericht Göttingen hat am 22.10.2020 zum Aktenzeichen 2 A 227/17 auf die Klage eines Einzelhandelsunternehmens, dem die Stadt Göttingen eine Genehmigung zum Bau eines Einzelhandelsbetriebes in Treuenhagen versagt hatte, die Stadt dazu verpflichtet, ihm eine bauplanungsrechtliche Genehmigung für das Vorhaben zu erteilen.
Aus der Pressemitteilung des VG Göttingen vom 30.11.2020 ergibt sich:
Im Zuge der Entwicklung des Kiesseekarees plante die Stadt Göttingen im westlich angrenzenden Bereich zwischen Baugebiet und B 27 die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel. Hierfür erließ sie den Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Göttingen-Geismar Nr. 18 „Gewerbegebiet“, 3. Änderung und erweiterter Planbereich, über den Vorhaben- und Erschließungsplan Göttingen-Geismar „Nahversorgungszentrum Benzstraße“. Die damit verfolgte Absicht war, so durch eine Flächenzonierung und Größenbestimmung der Verkaufsflächen, eine geordnete städtebauliche, für die Einzelhandelsstruktur in der Göttinger Innenstadt und dem Ortsteil Geismar verträgliche Entwicklung zu ermöglichen. Das für Einzelhandel vorgesehene Gebiet dieses sog. Vorhaben- und Erschließungsplanes machte ungefähr einen Anteil von 30% des gesamten vom Bebauungsplan umfassten Gebiets aus. Hinsichtlich der außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans liegenden Flächen im Plangebiet erfolgte ein Ausschluss von „Verkaufsflächen und/oder Ausstellungsflächen“ für Einzelhandelsbetriebe für Lebensmittel und Getränke. Die Klägerin plant in diesem Ausschlussbereich einen Lebensmitteldiscounter zu bauen. Dies lehnte die Stadt unter Hinweis auf den o.a. Bebauungsplan ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben. Sie hält den Bebauungsplan für unwirksam und meint, bauplanungsrechtliche Vorschriften stünden ihrem Vorhaben nicht entgegen.
Das VG Göttingen hat der Klage stattgegeben und verpflichtete die Stadt, dem Einzelhandelsunternehmen eine bauplanungsrechtliche Genehmigung für das Vorhaben zu erteilen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelt es sich bei dem von der Stadt für die Versagung des Bauvorhabens herangezogenen Bebauungsplan um einen sog. vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB. Dieser verstoße gegen die Regelung in § 12 Abs. 4 BauGB, nach der die Gemeinde dazu berechtigt ist, „einzelne Flächen“ außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans in die Satzung einzubeziehen. Vorliegend seien die außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans liegenden, in das Plangebiet einbezogenen Flächen jedoch doppelt so groß wie das Gebiet des Vorhaben- und Erschließungsplans. Bei einer derartigen Überschreitung könne nicht mehr von nur „einzelnen Flächen“ gesprochen werden. Der Bebauungsplan Göttingen-Geismar Nr. 18 „Gewerbegebiet“ 3. Änderung sei deshalb unwirksam.
Andere bauplanungsrechtliche Vorschriften stünden dem Vorhaben nicht entgegen, so dass die begehrte Genehmigung zu erteilen sei.
Die Stadt kann gegen die Entscheidung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim OVG Lüneburg stellen.